Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.11.2006; Aktenzeichen B 1 KR 23/06 R)

 

Tenor

Der Bescheid vom 08.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.01.2005 wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 162,40 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.02.2005 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 50 %.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der zu erstattenden Kosten eines Vorverfahrens.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger beantragt bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Sprachheilbehandlung. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.08.2004 ab. Daraufhin erhob der Bevollmächtigte des Klägers am 23.09.2004 Widerspruch, den er auf einer Seite begründete. Die Beklagte ließ ein weiteres Gutachten ihres medizinischen Dienstes erstellen und hob daraufhin den angefochtenen Bescheid auf und gab dem Widerspruch in vollem Umfang statt, dem Antrag wurde entsprochen. Mit seiner Kostenrechnung vom 17.11.2004 beansprucht der Kläger-Bevollmächtigte:

Geschäftsgebühr gem. Nr. 2500 VV RVG 240,00 Euro

Einigungsgebühr gem. Nr. 1005 VV RVG 280,00 Euro

Entgelt für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gem. Nr. 7002 VV (pauschal) 20,00 Euro

Zwischensumme 540,00 Euro

16,00 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV 86,40 Euro

Endsumme 626,40 Euro

Durch Bescheid vom 08.10.2004 erkannte die Bekannte lediglich Kosten in Höhe von 301,60 Euro an, die sie an den Kläger-Bevollmächtigten überwies. Die darüber hinaus geltend gemachten Kosten lehnte sie mit der Begründung ab, es sei keine zusätzliche Erledigungsgebühr angefallen. Es könne allenfalls im Rahmen des § 63 SGB X eine Geschäftsgebühr nach der Nr. 2500 VV RVG abgerechnet werden. Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 17.12.2004 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2005 zurückwies.

Mit der am 22.02.2005 erhobenen Klage beansprucht der Kläger weitere 324,80 Euro nebst 5 % Zinsen. Er meint, die Erledigungsgebühr nach Nr 1002 VV RVG entstehe auch dann, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledige. Die Erledigungsgebühr sei eine Erfolgsgebühr.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 08.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere 324,80 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.02.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die bloße Vornahme von Verfahrenshandlungen reiche nicht aus, um die Erledigungsgebühr auszulösen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung weiterer 162,40 Euro, da diese Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X notwendig waren. Soweit die Beklagte nur Kosten in Höhe von 301,60 Euro anerkennt und die Zahlung weiterer Kosten abgelehnt hat, verkennt sie, dass neben der unstreitigen Geschäftsgebühr nach Nr. 2500 des Vergütungsverzeichnisses VV zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und dem Entgelt für die Post und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG nebst Umsatzsteuer auch eine Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1005 in Verbindung mit 1002 VV RVG entstanden ist.

Die Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das gleiche gilt nach Satz 2 zur Nr. 1002 VV RVG, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledigt. Die Erledigungsgebühr entsteht damit nach dem Wortlaut der Vorschrift bereits dann, wenn der Rechtsanwalt wie hier gegen einen Ablehnungsbescheid Widerspruch einlegt, die Behörde daraufhin ihren Standpunkt aufgibt und den begehrten Bewilligungsbescheid erlässt. Die Erledigungsgebühr dient dazu, das anwaltliche Bestreben, Streitigkeiten möglichst außergerichtlich beizulegen, zu fördern und zu belohnen (vergleiche Bundestagsdrucksache 15/1971, Seite 254).

Bei der Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG handelt es sich um eine Rahmengebühr. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Die vom Kläger-Bevollmächtigten bestimmte Mittelgebühr von 280,00 Euro ist unbillig, weil sie die angemessene Gebühr erheblich übersteigt. Unter den zu berücksichtigenden Umständen nimmt das Gesetz an erster St...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge