Grundgedanke dieses Gesetzes ist, dass der Minderjährige nicht auf Grund von Handlungen seiner Eltern verschuldet in die Volljährigkeit entlassen werden soll. Denn nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts[44] ist die Möglichkeit der Eltern, ihre minderjährigen Kinder bei Fortführung eines von den Kindern ererbten Handelsgeschäfts finanziell unbegrenzt zu verpflichten (§ 1629 BGB), nicht mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Minderjährigen (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) vereinbar und demnach verfassungswidrig.

Zum Schutz des Minderjährigen führte der Gesetzgeber § 1629a BGB ein, der nun folgende Regelungen vorsieht:

3.2.3.3.1 Begrenzung der Haftung

§ 1629a BGB unterscheidet vier Fallgruppen:

Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften oder sonstigen Handlungen der Eltern oder sonstiger vertretungsberechtigter Personen (§ 1629a Abs. 1 Satz 1 HS 1 Alt. 1 BGB), den Erwerb von Todes wegen (§ 1629a Abs. 1 Satz 1 HS 1 Alt. 2 BGB), eigene Geschäfte des Minderjährigen (§ 1629a Abs. 1 Satz 1 HS 2 Alt. 1 BGB) und die gerichtlich genehmigten Rechtsgeschäfte (§ 1629a Abs. 1 Satz 1 HS 2, Alt. 2 BGB).

§ 1629a Abs. 1 Satz 2 BGB regelt die Art und Weise der Geltendmachung der Haftungsbeschränkung. Der volljährig Gewordene muss sich auf die Haftungsbeschränkung berufen. Macht er sie geltend, so finden die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften der §§ 1990, 1991 BGB entsprechende Anwendung. Es handelt sich hierbei um eine Rechtsfolgenverweisung.

Die Geltendmachung dieser Einrede ist zeitlich unbefristet möglich.

Die Haftung des volljährig Gewordenen ist grundsätzlich auf das bei ihm zum 18. Geburtstag vorhandene Vermögen beschränkt. Es kommt dabei darauf an, ob der Rechtsgrund für die Verbindlichkeit vor der Volljährigkeit gelegt worden ist. Es ist dagegen unerheblich, wann die betreffende Forderung fällig oder durchsetzbar geworden ist.

Seinen Schuldnern gegenüber haftet er für den Erhalt dieses Vermögens wie ein Beauftragter.

Die als Einrede ausgestaltete Haftungsbeschränkung ist in § 786 ZPO einbezogen.

Die erbrechtlichen Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung (§§ 1975 ff. BGB) werden durch § 1629a BGB nicht berührt. § 1629a BGB ist vielmehr als "zweite Chance" zur Haftungsbeschränkung zu verstehen für den Fall, dass beim Anfall der Erbschaft die Möglichkeiten der §§ 1975 ff. BGB versäumt wurden.

3.2.3.3.2 Außerordentliches Kündigungsrecht

Darüber hinaus steht dem Minderjährigen ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Dies bezieht sich sowohl auf Mitgliedschaftsrechte an einer Gesamthandsgemeinschaft (z. B. einer Erbengemeinschaft) als auch an einer Personengesellschaft, § 723 Abs. 1 BGB.

Falls nicht binnen drei Monaten eine Kündigung erfolgt oder die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangt wird, greift zulasten des Minderjährigen die doppelte Vermutung des § 1629a Abs. 4 BGB ein:

Es wird vermutet, dass Verbindlichkeiten nach Erreichen des 18. Lebensjahres begründet wurden, es wird ferner vermutet, dass das gegenwärtige Vermögen bei Erreichen des 18. Lebensjahres bereits vorhanden war.

3.2.3.3.3 Schutz der Gläubiger

Zugunsten der Gläubiger gibt es in § 1629a Abs. 4 BGB Vermutungstatbestände, sowie im Handels- und Gesellschaftsrecht Publizitätspflichten.

§ 1629a Abs. 1 Satz 2, § 1991 Abs. 1, § 1978 Abs. 1 BGB schützt die Gläubigerinteressen mit einem Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch aus § 666 BGB.

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