1. Überblick

 

Rz. 65

Auch der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt kann die Gebühren der VV 4136 ff. verdienen. Einer gesonderten Bestellung für das Wiederaufnahmeverfahren bedarf es für den Verteidiger des wiederaufzunehmenden Verfahrens nicht. Dagegen wirkt die Bestellung im wieder aufgenommenen Verfahren nicht auch auf das Wiederaufnahmeverfahren zurück.[42]

 

Rz. 66

Für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalt enthalten die VV 4136 ff. keine Sonderregelung. Insoweit greift vielmehr ebenfalls die Verweisung auf die Gebühren nach Unterabschnitt 3. Einer gesonderten Regelung bedarf es auch nicht, da sich durch die Verweisung ergibt, dass die Differenzierung im Rahmen des Unterabschnitts 3 beibehalten wird.

[42] OLG Celle NdsRpfl 1982, 97.

2. Geschäfts- und Verfahrensgebühr

 

Rz. 67

Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt erhält daher als Geschäfts- und Verfahrensgebühr (VV 4136 bis 4139), wenn in erster Instanz entschieden hat

 
– das Amtsgericht nach VV 4106 145,00 EUR
– die Strafkammer, die Jugendkammer, soweit sich die Gebühr nicht nach VV 4118 bestimmt, nach VV 4112 163,00 EUR
– das OLG, das Schwurgericht oder die Strafkammer in Verfahren nach den §§ 74a und 74c GVG sowie in Verfahren vor der Jugendkammer, sofern diese in Sachen entscheidet, die nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören, nach VV 4118 348,00 EUR
 

Rz. 68

Befindet sich der Auftraggeber nicht auf freiem Fuß, so erhöhen sich die Gebühren, wenn in erster Instanz entschieden hat

 
– das Amtsgericht nach VV 4106, 4107 177,00 EUR
– die Strafkammer, die Jugendkammer, soweit sich die Gebühr nicht nach VV 4118 bestimmt, nach VV 4112, 4113 198,00 EUR
– das OLG, das Schwurgericht oder die Strafkammer in Verfahren nach den §§ 74a und 74c GVG sowie in Verfahren vor der Jugendkammer, sofern diese in Sachen entscheidet, die nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören, nach VV 4118, 4119 424,00 EUR

3. Geschäftsgebühr bei Abraten (Anm. zu VV 4136)

 

Rz. 69

Hinsichtlich der Geschäftsgebühr nach VV 4136 ist jetzt zu differenzieren, wenn der Pflichtverteidiger von einer Wiederaufnahme abrät (Anm. zu VV 4136):

War der Pflichtverteidiger bereits im Ausgangsverfahren bestellt, so wirkt seine Bestellung fort. Die frühere Einschränkung des § 97 Abs. 1 S. 2 BRAGO, dass das Gericht gemäß § 364b Abs. 1 S. 2 StPO die Voraussetzungen des § 364b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 StPO festgestellt haben musste, ist nicht mehr vorgesehen. Der Verteidiger erhält die Gebühr nach VV 4136 ohne Einschränkung auch dann, wenn er von einer Wiederaufnahme abrät.[43]

Gleiches gilt für die Auslagen des Pflichtverteidigers im Wiederaufnahmeverfahren.

Hat der Verurteilte keinen Verteidiger oder ist ein anderer Verteidiger im Wiederaufnahmeverfahren tätig, so kann das Gericht ihm nach §§ 364a, 364b Abs. 1 S. 1 StPO einen Verteidiger bestellen. Da hier die Voraussetzungen des § 364b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 StPO vom Gericht bereits bei der Anwaltsbestellung geprüft werden müssen, stellt sich für ihn das Problem nicht. Der Anwalt hat auch bei Abraten einen Anspruch gegen die Staatskasse.[44]
[43] A.A. Burhoff/Volpert, RVG, VV Vorb. 4.1.4 Rn 7.
[44] Burhoff/Volpert, RVG, VV Vorb. 4.1.4 Rn 7.

4. Terminsgebühren

 

Rz. 70

Hinsichtlich der Terminsgebühren (VV 4140) gilt die gleiche Verweisung. Der Anwalt erhält hier also, wenn in erster Instanz entschieden hat

 
– das Amtsgericht nach VV 4108 242,00 EUR
– die Strafkammer, die Jugendkammer, soweit sich die Gebühr nicht nach VV 4118 bestimmt, nach VV 4114 282,00 EUR
– das OLG, das Schwurgericht oder die Strafkammer in Verfahren nach den §§ 74a und 74c GVG sowie in Verfahren vor der Jugendkammer, sofern diese in Sachen entscheidet, die nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören, nach VV 4120 466,00 EUR
 

Rz. 71

Befindet sich der Auftraggeber nicht auf freiem Fuß, erhält der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt, wenn in erster Instanz entschieden hat

 
– das Amtsgericht nach VV 4108, 4109 295,00 EUR
– die Strafkammer, die Jugendkammer, soweit sich die Gebühr nicht nach VV 4118 bestimmt, nach VV 4114, 4115 343,00 EUR
– das OLG, das Schwurgericht oder die Strafkammer in Verfahren nach den §§ 74a und 74c GVG sowie in Verfahren vor der Jugendkammer, sofern diese in Sachen entscheidet, die nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören, nach VV 4120, 4121 569,00 EUR

5. Zusätzliche Gebühren bei längeren Terminen

 

Rz. 72

Darüber hinaus ist bei der Terminsgebühr auch die Staffelung zu berücksichtigen, wenn der Termin mehr als fünf Stunden andauert oder mehr als acht Stunden. Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt erhält dann zusätzliche Gebühren nach VV 4110, 4111; VV 4116, 4117; VV 4122, 4123.

6. Pauschgebühr

 

Rz. 73

Möglich ist auch hier die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51, wenn die Gebühren der VV 4136 ff. nicht ausreichen, um die Tätigkeit des Anwalts im Wiederaufnahmeverfahren angemessen zu vergüten. Zuständig ist wiederum das OLG, in dessen Bezirk sich das Gericht des ersten Rechtszugs befindet (§ 51 Abs. 2 S. 1).

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