Rz. 84

Bei der Kostenausgleichung (§ 106 ZPO) auf der Basis einer Kostengrundentscheidung, die für beide Parteien einheitliche Kostenquoten enthält, ist die Saldierung grundsätzlich so vorzunehmen, als wäre auf beiden Seiten jeweils nur eine Person beteiligt. Die gegenseitigen Erstattungsforderungen können nicht nur dort verrechnet werden, wo die Streitgenossen einerseits als Gesamtschuldner haften und zum anderen als Gesamtgläubiger fordern können. In die Saldierung sind auch solche Erstattungsforderungen der Gegenseite einzustellen, die sich nur gegen einzelne Streitgenossen richten (vgl. § 100 Abs. 3 ZPO), soweit diese ihrerseits alleine oder als Gesamtgläubiger mit anderen Streitgenossen erstattungsberechtigt sind.

 

Rz. 85

Teilweise wird davon ausgegangen, dass sämtliche Forderungen der Streitgenossen mit Ansprüchen der Gegenseite ausgeglichen werden müssen, soweit jeweils mindestens ein (Gesamt-)Schuldner mit einem (Gesamt-)Gläubiger identisch ist (§ 106 ZPO).[103] Hierdurch sollen gegenläufige Vollstreckungstitel und die damit verbundenen Ausfallrisiken vermieden werden. Teilweise wird auch vertreten, dass der Rechtspfleger nach Eingang eines Kostenausgleichungsantrages lediglich verpflichtet ist, die Gegenseite zur Geltendmachung ihrer Kosten aufzufordern.[104] Der Rechtspfleger muss eine Ausgleichung der Kosten beider Parteien nur vornehmen und einen einheitlichen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen, wenn beide Parteien ihre Kosten zur Ausgleichung angemeldet haben.[105] Falls die Streitgenossen nur kopfteilig haften, sind allerdings Einzelsalden zu bilden, um die Haftungsbeschränkungen einzuhalten.

 

Beispiel: Nach der Kostengrundentscheidung fallen dem Gegner ¼ und den beiden Streitgenossen ¾ der Kosten zur Last. Der Gegner hat 1.000 EUR an Kosten, die Streitgenossen haben zusammen 1.200 EUR und der Streitgenosse S1 allein weitere 400 EUR an Kosten. Beide Seiten melden ihre Ansprüche zur Ausgleichung an.

Der Gegner trägt 300 EUR der gemeinsamen Kosten beider Streitgenossen und 100 EUR der weiteren Kosten des S1. Den Streitgenossen stehen also zusammen 400 EUR zu, andererseits dem Gegner allein 750 EUR (bzw. 2 x 375 EUR bei kopfteiliger Haftung). Nach § 106 ZPO ist zu saldieren: Bei gesamtschuldnerischer Haftung der Streitgenossen ergibt sich ein einheitlicher Aktivsaldo des Gegners von 350 EUR (750 EUR Forderung des Gegners abzüglich 400 EUR Forderung der Streitgenossen). Bei kopfteiliger Haftung der Streitgenossen ist zunächst ihre gemeinsame Forderung gegen den Gegner von dessen Kosten abzuziehen. Zu ihren Lasten verbleibt ein Passivsaldo von 450 EUR (750 EUR Erstattungsforderung des Gegners abzgl. 300 EUR eigene Erstattungsforderung). Dieser ist nach Köpfen aufzuteilen in 2 x 225 EUR zugunsten des Gegners. Sodann ist die Einzelgegenforderung des S1 von dessen Haftungsanteil in Abzug zu bringen. Festzusetzen sind demnach gegen S1 125 EUR und gegen S2 225 EUR.

[103] Vgl. OLG Brandenburg JurBüro 2007, 259; OLG Hamm 12.2.2002 – 23 W 511/01 (n.v.); siehe auch Zöller/Herget, ZPO, § 106 Rn 1; a.A., gegen zwingende Ausgleichung: LG Frankfurt RVGreport 2011, 391; N. Schneider, RVGreport 2011, 362.
[105] LG Bonn Rpfleger 1984, 33.

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