Leitsatz (amtlich)

1. Auch eine Direktbank ist verpflichtet, den Kunden über diejenigen Umstände und Abläufe der Geschäftsabwicklung zu informieren, über deren Kenntnisse allein sie verfügt und die für die Fassung der Kundenaufträge von Bedeutung sind.

2. Zur Frage, wann der Kunde bei pflichtwidriger Nichtausführung einer Kauforder im Rahmen der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB) zur Vornahme eines Deckungskaufs verpflichtet ist.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 251-252, 276

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 28.06.2001; Aktenzeichen 6 O 467/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Itzehoe vom 28.6.2001 – 6 O 467/00 – wir folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist für die Beklagten wegen ihrer Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jedoch kann der Kläger die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 3.500 Euro abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten, einer in Quickborn ansässigen Direktbank, Schadensersatz wegen eines nicht durchgeführten Wertpapiergeschäfts.

Im Rahmen des von der Beklagten angebotenen „Direct Brokerage” orderte der Kläger am 20.3.2000 bei der Telefonzentrale der Beklagten 4.600 Stück Aktien der Firma H. INC. zum Ankauf an der New Yorker NASDAQ, und zwar mit einem Limit von 8,5625 USD, auszuführen nur am selben Tag (tagesgültig). Noch am selben Tag entschloss sich der Kläger, diese Order abzuändern und in eine unlimitierte Order umzuwandeln mit der Folge, dass die Aktien zu jedwedem Kurs gekauft worden wären. Der Kläger rief gegen 20.50 Uhr in der Kundenzentrale der Beklagten an, um seine Order zu ändern. Nachdem der Kläger seine Orderänderung aufgegeben hatte, teilt ihm der Mitarbeiter der Beklagten mit, es könne bis zu 3 Stunden dauern, bis die Orderänderung aus New York bestätigt werde. Auf Nachfrage des Klägers wurde dies nochmals bestätigt, gleichwohl läge die Änderung an der Börse vor. Daraufhin erklärte der Kläger, dass er die bisherige Order streichen und eine neue aufgeben wolle. Der Mitarbeiter der Beklagten strich sodann die bisherige Order, wies aber darauf hin, es könne sein, dass nunmehr beide Orders ausgeführt werden. Kurz darauf erklärte der Mitarbeiter, er könne die zweite Order nicht entgegennehmen, so lange er die Bestätigung der ersten nicht habe, was wiederum 3 Stunden dauern könne. Für die neue Order sei nämlich keine Deckung auf dem Konto des Klägers vorhanden. Trotz Beanstandung des Klägers wurde die Entgegennahme der neuen Order durch den Mitarbeiter J der Beklagten abgelehnt. Der Kläger erklärte daraufhin, dass er Regress verlange und der Mitarbeiter der Beklagten dies zugleich aufnehmen möge. Der Telefonmitarbeiter der Beklagten erklärte daraufhin, die Beklagte sei keine Beraterbank, die Möglichkeit einer Dauer von 3 Stunden für die Bestätigung habe der Kläger kennen müssen und bei einer Reklamation könne ihm nichts anderes gesagt werden. Obgleich die Streichungsbestätigung laut „Logfile” der Beklagten bereits um 21.18 Uhr vorlag, der Kurs zwar nicht mehr an diesem Abend, wohl aber zu Handelsbeginn am nächsten Morgen unter das vom Kläger angestrebte Limit und sogar auf 8,1875 USD und am gesamten Handelstag 8,7500 USD nicht überstieg, und obgleich der Kläger am 21.3.2000 um 11.02 Uhr noch einmal in sein Depot per Internet hineingeschaut hatte, erteilte der Kläger keine weitere Kauforder, sondern übersandte der Beklagten ein dieser am 22.3.2000 zugegangenes Fax-Reklamationsschreiben vom 21.3.2000, in welchem die Beklagte zur Einbuchung der fraglichen Papiere in das Depot des Klägers aufgefordert wurde.

In der Folgezeit versuchte der Kläger mehrfach telefonisch, eine Bearbeitung der Reklamation zu erlangen. Die Beklagte meldete sich ihrerseits erst am 10.4.2000 und bot vergleichsweise eine Zahlung von 5.000 DM an. Der zuständige Mitarbeiter der Beklagten wies außerdem darauf hin, dass der Kläger nunmehr wisse, dass die Beklagte die Reklamation nicht anerkenne und der Kläger nunmehr seiner Schadensminderungspflicht nachkommen solle. Zwischenzeitlich war der Kurs der Aktie beträchtlich angestiegen, nämlich auf 15,125 USD am 12.4.2000, während der Kläger am 21.3.2000 seiner Darlegung nach die Papiere zum Kurs von 8,1325 USD hätte erwerben können. Mit der Klage macht der Kläger Schadensersatz i.H.d. Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufskurs vom 21. März bis 12.4.2000 geltend, insgesamt 31.377,50 USD.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte ihn in mehrfacher Hinsicht falsch beraten und seine Reklamation nur verzögerlich bearbeitet habe. Nach Hinweis des LG, dass die Parteien Abrechnung in D-Mark vereinbart hätten, hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 31.377,50 USD, hilfsweise 65.010,92 DM nebst 8,5 % Zinsen ab Rechtshä...

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