Entscheidungsstichwort (Thema)

Herstellerhaftung gemäß § 826 BGB für das Inverkehrbringen von Diesel-Kraftfahrzeugen mit unzulässiger Abschaltsoftware bei Erwerb des Fahrzeugs im Jahr 2016

 

Normenkette

BGB §§ 31, 249, 826, 849

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung des Klägers wird auf die Berufung der Beklagten das am 6. Juni 2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg - Az: 4 O 385/18 - dahin abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.

Die Kosten beider Rechtszüge hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jedoch kann der Kläger die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegenüber der Beklagten als Fahrzeugherstellerin Ersatzansprüche wegen des sogenannten "Diesel-Abgasskandals" geltend.

Der Kläger erwarb am 16. Juni 2016 bei der Firma A. in B. einen gebrauchten Volkswagen Tiguan mit der Fahrzeugidentifikationsnummer XXX zu einem Kaufpreis von 24.490,00 Euro und mit einer Kilometerlaufleistung von 28.990 km. Das Fahrzeug war am 25. September 2014 erstmals zugelassen worden. Bezüglich der Einzelheiten der Fahrzeugbestellung wird auf die Anlage K1 verwiesen. In dem von der Beklagten hergestelltem Fahrzeug ist der ebenfalls von der Beklagten entwickelte und gefertigte Motor mit der Typenbezeichnung EA 189 verbaut. Dieser Motor war im Zeitpunkt des Kaufvertrags mit einer Software ausgestattet, welche einen Stickoxid-optimierten Betriebsmodus aufwies, der nur beim Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus' (NEFZ) aktiviert wurde (Modus "1"). Bei normaler Fahrt im Straßenverkehr wurde ein anderer Betriebsmodus aktiviert (Modus "0"), welcher eine geringere Abgasrückführungsrate und einen höheren Ausstoß an Stickoxid aufwies als der Modus für Prüfsituationen. Nach Installation des Software-Updates wird das Fahrzeug auch im Straßenverkehr in einem angepassten Modus "1" mit erhöhter Abgasrückführung betrieben. Nur durch die Verwendung dieser Motorsteuerungssoftware war die Erlangung der EG-Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug möglich.

Der Dieselmotor der Baureihe EA 189 und die erwähnte Software wurde serienmäßig in diverse Fahrzeugmodelle der Beklagten sowie derer Konzernunternehmen verbaut. Das Kraftfahrtbundesamt verpflichtete die Beklagte mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 dazu, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem ausgestatteten Motor des Typs EA 189 diese aus Sicht des Bundesamtes unzulässige Abschaltvorrichtung zu entfernen. Die Beklagte entwickelte ein Update für die Motorsteuerungssoftware, wonach das Fahrzeug nur noch über einen einheitlichen Betriebsmodus verfügt. Das Kraftfahrtbundesamt ordnete das Aufspielen des Updates obligatorisch an. Das entsprechende Update wurde am 22. November 2016 aufgespielt, wobei dieses Datum erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgeklärt werden konnte.

Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 26. November 2018 forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe des Kaufpreises des Fahrzeuges Zug um Zug gegen dessen Rückübereignung auf. Diesem Begehren kam die Beklagte nicht nach.

Zum Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Senat lag die Kilometerlaufleistung bei 99.120 km. Der Kläger hat sich nicht der Musterfeststellungsklage gegen die Beklagte vor dem Oberlandesgericht Braunschweig, Az. 4 MK 1/18 angeschlossen.

Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, dass sein Fahrzeug durch das Software-Update einen Leistungsverlust erleiden würde, der Kraftstoffverbrauch und die Emissionswerte steigen würden und die Lebensdauer des Rußpartikelfilters sinke.

Er ist der Auffassung gewesen, dass durch die heimlichen Maßnahmen die Beklagte gegen die guten Sitten verstoßen habe und deshalb zum Schadenbesatz verpflichtet sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs Marke Volkswagen, Typ Tiguan, Fahrzeugidentifikationsnummer XXX an den Kläger einen Betrag in Höhe von 24.490,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise:

1 a. die Beklagte zu verurteilen, einen in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Schadensersatz in Höhe von mindestens 25 % des Kaufpreises des Fahrzeugs 24.490,00 EUR, mindestens somit 6.122,50 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten,

1 b. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger über den Betrag aus Hilfsantrag zu 1 a hinausgehenden Schadensersatz für weitere Schaden, die aus der Ausstattung des Fahrzeugs, FIN: XXX, mit der manipulierenden Motorsoftware resultieren, zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Zinsen in Höhe von 4 % aus 24.490,00 EUR seit dem 13.10.2016 bis zu Beginn der Rechtshängigkeit zu bezahlen,

3. die Beklagte z...

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