Entscheidungsstichwort (Thema)

Inhaltskontrolle. Mobilfunk. Telekommunikationsdienstleistung. Unwirksame Nichtnutzergebühr und Pfandgebühr bei Telekommunikationsdienstleistungsvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Mobilfunkanbieters, nach der der Kunde eine "Nichtnutzergebühr" zu entrichten hat, wenn er vereinbarte Inklusivleistungen über einen bestimmten Zeitraum nicht einmal teilweise in Anspruch nimmt, unterliegt der Inhaltskontrolle; es handelt sich dabei nicht um eine kontrollfreie Preisvereinbarung.

2. Weil der "Nichtnutzergebühr" keine Gegenleistung des Anbieters zugrunde liegt, ist die Klausel nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

3. Auch eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen über die Erhebung einer "Pfandgebühr" in Höhe von 9,97 EUR für die nicht fristgerechte Rücksendung der SIM-Karte nach Vertragsende unterliegt der Inhaltskontrolle.

4. Die Bestimmung ist nach §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 309 Nr. 5 a, b BGB unwirksam.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 2-3, § 309 Nrn. 5a, 5b, 6, § 307 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Urteil vom 29.11.2011; Aktenzeichen 2 O 136/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. November 2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung einzelner Bestimmungen in ihren vorformulierten Bedingungen für Verträge über Telekommunikationsdienstleistungen in Anspruch.

Der Kläger ist der bundesweit tätige Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer und weiterer 25 Organisationen und seit dem 16. Juli 2002 in die ursprünglich beim Bundesverwaltungsamt und nun beim Bundesjustizamt gemäß § 4 UKlaG geführte Liste eingetragen.

Die Beklagte bietet Telekommunikationsdienstleistungen an. Sie ist ein Unternehmen der so genannten ...-Gruppe und verwendet unter anderem die Marke "T.". Unter verschiedenen Domains - unter anderem ... - unterhält sie Telemediendienste. Über eigene Netze verfügt sie nicht, sondern ist ihrerseits mit verschiedenen Netzbetreibern vertraglich verbunden.

Durch Verbraucherbeschwerden wurde der Kläger darauf aufmerksam, dass die Beklagte auf einem der Telemediendienste einen Tarif mit der Bezeichnung "Vario50/Vario 50 SMS T-Mobile" anbot. Die Tarifbestimmungen (Anlage K 1, Bl. 14 d.A.) sehen einen monatlichen so genannten "Paketpreis" von 14,95 EUR bei einer Laufzeit von 24 Monaten vor. In diesem Grundpreis sind nach Wahl des Kunden entweder 50 Inklusivminuten Telefonie oder 50 Inklusiv-SMS enthalten. Der Wechsel zwischen beiden Optionen ist jeweils ohne weitere Kosten zum Monatsende möglich. Ein restliches Inklusivvolumen kann nicht in den Folgemonat übertragen werden. Außerhalb der Inklusivleistungen werden Preise von 0,39 EUR/Minute für Telefonate und 0,19 EUR pro SMS berechnet. In Fußnote 7 der Tarifbestimmungen ist folgende Regelung enthalten:

"7) Wird in 3 aufeinanderfolgenden Monaten kein Anruf getätigt bzw. keine SMS versendet, wird dem Kunden eine Nichtnutzergebühr in Höhe von EUR 4,95 monatlich in Rechnung gestellt."

Die Beklagte verwendet für ihre Angebote unter der Marke "T." des Weiteren ein gesondertes Bedingungswerk (Anlage K 2, Bl. 15 f. d.A.), das die Überschrift "Allgemeine Geschäftsbedingungen für Mobilfunkdienstleistungen (Credit-/Laufzeitverträge)" trägt. Unter Ziffer 7.1 ist dort folgende Bestimmung enthalten:

"7.1 Die zur Verfügung gestellte SIM-Karte bleibt im Eigentum der T. Für die SIM-Karte wird eine Pfandgebühr wird fällig. Die Höhe der Pfandgebühr richtet sich nach der jeweils bei Vertragsabschluss gültigen Service- und Preisliste. Sie wird dem Kunden nur dann mit der Endabrechnung in Rechnung gestellt, wenn er diese nicht innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsende an T. zurücksendet."

Ferner stellt die Beklagte unter der Domain ... eine Preisliste für unterschiedliche Dienste zum Download als pdf-Datei zur Verfügung (Anlage K 3, Bl. 17 ff. d.A.). Die Preisliste ist am Ende mit Fußnoten versehen. Zur Höhe der SIM-Karten-"Pfandgebühr" gemäß Ziffer 7.1 der AGB enthält die Preisliste folgende Regelung, die aus der Nennung des Betrages (Bl. 21 d.A.) und der dazu gehörigen Fußnote 17 (Bl. 24 d.A.) besteht:

"SIM-Karten-Pfand17 je Karte 9,97 EUR

(für den Verbleib der SIM-Karte beim Kunden)"

Fußnotentext:

"17 Die Pfandgebühr wird fällig, soweit Sie uns die zur Verfügung gestellte SIM-Karte nicht innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsende zurücksenden. Für die Rücksendung der SIM-Karte verwenden Sie bitte folgende Adresse (...)."

Wegen der weiteren Einzelheiten der vorformulierten Vertragsbedingungen der Beklagten wird auf die ...

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