Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlasspflegervergütung: Bemessung der Vergütung des Berufspflegers bei vermögenden Nachlässen

 

Leitsatz (amtlich)

Die nach Ausbildungsgrad gestaffelten Stundensätze in § 3 Abs. 1 VBVG können auch eine taugliche Orientierungshilfe - Anhaltspunkt im Sinne von Mindestsätzen - für die Bemessung der Stundensätze bei der Vergütung eines berufsmäßigen Nachlasspflegers im Falle eines vermögenden Nachlasses darstellen. Sie können nach den für die Vergütung eines Nachlasspflegers in § 1915 Abs. 1 S. 2 BGB festgelegten Kriterien überschritten werden. Die Heranziehung einer auf dieser Grundlage von der Rechtsprechung entwickelten gestaffelten Tabelle, in der nutzbare Fachkenntnisse und Schwierigkeit der Aufgabe angemessen berücksichtigt sind, ist deshalb nicht zu beanstanden (Rz. 26)(Rz. 27)(Rz. 28)(Rz. 29)(Rz. 33).

 

Normenkette

VBVG § 3 Abs. 1; BGB § 1915 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Beschluss vom 27.07.2009; Aktenzeichen 4 T 279/09)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Itzehoe vom 27.7.2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das sofortige weitere Beschwerdeverfahren beträgt 841,50 EUR.

 

Gründe

I. Am 31.12.2006 verstarb 89-jährig A. Sie war verwitwet und kinderlos. Als Nachlasspflegerin für die unbekannten Erben mit dem Wirkungskreis der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses, der Nachlassabwicklung und Ermittlung der Erben wurde mit Beschluss des AG - Nachlassgericht - Pinneberg vom 2.2.2007 die Beteiligte B bestellt. Sie ermittelte als Nachlassvermögen

Girokonto bei der Sparkasse ...

30.617,78 EUR

Sparkonto ebd.

31.497,91 EUR

Girokonto bei der X-Bank

42.268,87 EUR

Sparkonto ebd.

39.258,36 EUR

Sparkonto ebd.

59.361,90 EUR

Eigentumswohnung, geschätzter Wert rund

125.000 EUR

Tiefgaragenstellplatz, Wert nicht aktenkundig 5 Nachlassverbindlichkeiten insgesamt

6.069,29 EUR

Im Einzelnen aufgelistet findet sich dies im Schreiben vom 12.3.2007 einschließlich des diesem beigefügten Nachlassverzeichnisses.

Die Nachlasspflegerin veranlasste einen Nachbarn der Verstorbenen, Herrn C, einen wenige Tage nach ihrem Tode von ihrem Konto abgehobenen Betrag von 26.000 EUR in den Nachlass zurückzuzahlen. Sie prüfte auch die Rückforderung eines weiteren Betrages von 1.000 EUR, sah dann aber davon ab. Die Eigentumswohnung und der Tiefgaragenstellplatz liegen in einer von einer Hausverwaltung verwalteten Anlage. Die Nachlasspflegerin sorgte für die Begleichung der Hausgelder und sonstiger öffentlicher und privater wohnungsbezogener Verbindlichkeiten. Im Rahmen der Erbenermittlung ermittelte die Nachlasspflegerin für die Mutter der Erblasserin mindestens 7, für den Vater mindestens 10 Geschwister. Die Geburten sind sämtlich beim Standesamt Hamburg Altona beurkundet. Die Suche nach deren lebenden Abkömmlingen (s. Zwischenbericht vom 1.2.2008, Bl. 58-61 d.A.) ist nach Aktenlage noch nicht abgeschlossen.

Auf Antrag der Nachlasspflegerin setzte das Nachlassgericht eine Teilvergütung für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 7.2.2007 bis zum 1.2.2008 fest. Es legte den von der Nachlasspflegerin abgerechneten Zeitaufwand von 85 Stunden und einen Stundensatz i.H.v. 25 EUR zzgl. Mehrwertsteuer zugrunde; insgesamt ergaben sich 2.528,75 EUR. Der Beschluss vom 6.2.2008 ist rechtskräftig.

Mit Beschluss vom 8.4.2009 setzte das Nachlassgericht für die Tätigkeit der Nachlasspflegerin in der Zeit vom 4.2.2008 bis zum 9.3.2009 eine Vergütung von 1.168,75 EUR fest. Der Betrag ergibt sich für 46,75 Stunden nach einem Stundensatz von ebenfalls 25 EUR zzgl. Mehrwertsteuer.

Die Nachlasspflegerin hat sofortige Beschwerde eingelegt. Das Nachlassgericht habe sich bei der Bemessung des Stundensatzes zu Unrecht an § 3 VBVG angelehnt. Nach dem allein anwendbaren § 1915 Abs. 1 S. 2 BGB müsse für die hier überdurchschnittlich anspruchsvolle, hohe fachliche Kenntnisse erfordernde Verwaltung des vermögenden Nachlasses ein höherer Stundensatz festgesetzt werden. Einen konkreten Betrag hat sie nicht genannt, jedoch als "Untergrenze der niedrigsten Qualifikationsstufe" einer von ihr angeführten Empfehlung von Bestelmeyer einen Stundensatz von 50 EUR genannt.

Das Nachlassgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Es sei der nach den §§ 1915 Abs. 1, 1836 Abs. 1 BGB i.V.m. § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VBVG mittlere Stundensatz anzuwenden, weil die Nachlasspflegerin ausgebildete Rechtsanwaltsgehilfin (heute Rechtsanwaltsfachangestellte) sei. Ein höherer Stundensatz sei nicht gerechtfertigt. Besondere Schwierigkeiten der Nachlassverwaltung seien nicht feststellbar, zumal die Erbenermittlung nur in Deutschland stattfinde und diese ohnehin zum üblichen Aufgabenkreis eines Berufsnachlasspflegers gehöre. Der Umfang der Erbenermittlung aufgrund der Vielzahl der Erblinien schlage sich im Zeitaufwand nieder, der wie geltend gemacht berücksichtigt worden sei.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 27.7.2009 teilweise abgeholfen und den Stundensatz auf 32 EU...

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