Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslandsadoption: Anerkennungsfähigkeit einer Adoptionsentscheidung eines nigerianischen Familiengerichts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Adoptionsentscheidung eines nigerianischen Familiengerichts ist nicht anerkennungsfähig, wenn sich das Gericht weder mit der Elterneignung der Annehmenden und ihren Lebensverhältnissen in Deutschland noch mit dem Bestehen oder der Entwicklung eines Eltern-Kind-Verhältnisses oder mit den aktuellen Lebensumständen und Bedürfnissen des zu adoptierenden Kindes beschäftigt hat.(Rn. 15)

2. Eine unzureichend durchgeführte Kindeswohlprüfung kann nicht im Anerkennungsverfahren nachgeholt werden (Anschluss u.a. OLG Frankfurt, 6. Mai 2009, 20 W 472/08).(Rn. 20)

 

Normenkette

FamFG § 109 Abs. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

AG Schleswig (Beschluss vom 16.07.2019; Aktenzeichen 910 F 5/19)

 

Tenor

Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Beschwerde der Annehmenden zu 1) und 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Schleswig vom 16. Juli 2019 gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne Durchführung eines Erörterungstermins zurückzuweisen.

II. Zur Kostenentscheidung ist beabsichtigt, die Kosten des Beschwerdeverfahrens den Beschwerdeführern aufzuerlegen.

III. Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen gegeben.

 

Gründe

I. Im vorliegenden Verfahren begehren die Antragsteller als Annehmende die Anerkennung einer vom Familiengericht des Bundesstaates Imo, Gerichtsbezirk Owerri, in der Bundesrepublik Nigeria am 30. September 2014 ausgesprochenen Adoptionsentscheidung betreffend das minderjährige Kind ....

Nach den vorgelegten Unterlagen sollen die leiblichen Eltern das angenommene Kind im Waisenhaus "Save the Child" in Owerri am 4. Juni 2013 abgegeben und dabei falsche Identitäten angegeben haben. Das Kind soll am ... 2013 geboren sein und den Annehmenden am 5. Juli 2013 zur vorübergehenden Pflege übergeben worden sein. Am 7. November 2013 stellte das Registration Centre in Orlu eine Geburtsurkunde für das Kind aus, in welcher die Annehmenden bereits als leibliche Eltern aufgeführt sind. Die Adoption des Kindes durch die Annehmenden wurde sodann am 30. September 2014 vom Magistrate's Court im Bundesstaat Imo, Gerichtsbezirk Owerri, Nigeria, ausgesprochen. Das die Adoptionspflegezeit überwachende Ministerium für Frauenangelegenheiten und soziale Entwicklung des Bundesstaates Imo, Nigeria, hat einen Bericht vom 30. September 2014 angefertigt, wonach die Adoption des Kindes als dem besten Interesse des Kindes entsprechend angesehen werde. In dem Bericht heißt es jedoch auch, dass die "Postadoptionsüberwachung und Verwaltung" beibehalten wird.

Die Antragsteller sind deutsche Staatsangehörige nigerianischer Herkunft und haben ihren Lebensmittelpunkt in ..., wo sie erwerbstätig sind. Das angenommene Kind lebt weiterhin in Nigeria, nach den Angaben der Annehmenden bei der Schwester der Annehmenden zu 2).

Bereits im Jahr 2016 haben die Beteiligten ein Anerkennungsverfahren vor dem Amtsgericht Schleswig unter dem Az. 91 F 157/16 anhängig gemacht, das mit einer Antragsrücknahme endete, nachdem das Gericht und das Bundesamt für Justiz in seiner Stellungnahme vom 18. Januar 2017 zur Anerkennungsfähigkeit der nigerianischen Adoptionsentscheidung die Voraussetzungen für eine Anerkennung nicht als gegeben ansahen.

Mit Antrag vom 25. Januar 2019 haben die Annehmenden erneut die Anerkennung der nigerianischen Adoptionsentscheidung betreffend das Kind ... beantragt.

Das Bundesamt für Justiz bezieht sich im vorliegenden Verfahren in seiner Stellungnahme vom 8. April 2019, Bl. 45 f. d. A., in vollem Umfang auf seine Stellungnahme vom 18. Januar 2017 aus dem vorangegangenen Verfahren, Az. 91 F 157/16. Es hält auch den erneuten Antrag der Annehmenden auf Anerkennung der Adoptionsentscheidung des nigerianischen Gerichts unter Verweis auf seine frühere Begründung nicht für erfolgversprechend, da keine neuen Unterlagen vorgelegt worden seien und kein neuer Sachvortrag erfolgt sei.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Schleswig hat den erneuten Antrag der Annehmenden auf Anerkennung der Adoptionsentscheidung des Magistrate's Court Owerri des Bundesstaates Imo in Nigeria vom 30. September 2014 mit Beschluss vom 16. Juli 2019 zurückgewiesen.

Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass bereits die Echtheit der von den Annehmenden vorgelegten Urkunden zweifelhaft sei. Auch inhaltlich ließen die Urkunden, insbesondere die bereits zehn Monate vor dem Ausspruch der Adoption ausgestellte Geburtsurkunde des Kindes, welche bereits die Annehmenden als seine leiblichen Eltern ausweise, Fragen an einem an Recht und Gesetz orientierten, förmlichen Adoptionsverfahren und Standesamtswesen in Nigeria aufkommen. Ferner hat das Amtsgericht seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Anerkennung gemäß § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG nicht erfolgen könne, weil der Entscheidung keine hinreichende Kindeswohlprüfung vorausgegangen sei. Zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts zä...

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