Leitsatz

Zwischen den Parteien war neben der Scheidungs- und Versorgungsausgleichssache die Unterhaltssache auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Form einer Stufenklage anhängig. Die anwaltlich vertretene Antragsgegnerin hat zum Scheidungsantrag im Termin zur mündlichen Verhandlung keinen Antrag gestellt. Im Anschluss an die Verhandlung über den Scheidungsantrag des Antragstellers wurde der Versorgungsausgleich erörtert und der nacheheliche Unterhalt angesprochen. Nach Erörterung hierzu hat der erstinstanzlich zuständige Familienrichter vorgeschlagen, den zurzeit gezahlten Trennungsunterhaltsbetrag auf monatlich 400,00 EUR zu reduzieren, so dass der Antragsteller dann der Antragsgegnerin zusätzlich die Krankenversicherungsbeiträge nach der Scheidung zahle. Entsprechend diesem Vorschlag haben sich die Parteien sodann auf Widerruf verglichen. Ihnen blieb vorbehalten, diesen Vergleich durch schriftliche Anzeige zu den Gerichtsakten innerhalb von 4 Wochen zu widerrufen. Nach Abschluss des Widerrufsvergleichs ist mit am 9.2.2009 verkündeten Urteil die Ehe geschieden worden. Innerhalb der Widerrufsfrist wurde der Unterhaltsvergleich von beiden Parteien widerrufen.

Die Antragsgegnerin hat gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel damit begründet, die Ehe sei geschieden worden, ohne dass die Verbundsache Unterhalt abgetrennt worden sei. Es habe auch von keiner Seite ein Antrag auf Abtrennung vorgelegen. Im Übrigen seien die Voraussetzungen für eine Abtrennung nicht gegeben gewesen.

Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin hatte Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin führte zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung an das FamG.

Das OLG vertrat die Auffassung, das erstinstanzliche Verfahren leide unter einem schweren Verfahrensmangel, da das FamG durch unzulässiges Teilurteil über den Scheidungsantrag und die Folgesache Versorgungsausgleich entschieden habe, ohne auch gleichzeitig über die anhängige Folgesache nachehelicher Unterhalt zu befinden. Weder habe das Gericht die Folgesache nachehelicher Unterhalt formal abgetrennt, noch hätten die Abtrennungsvoraussetzungen vorgelegen.

Mit Widerruf des Unterhaltsvergleichs habe sich die rechtliche Situation ergeben, dass das Scheidungsurteil als Teilurteil erlassen worden sei. Der Widerrufsvergleich bedeute rechtlich, dass er Wirksamkeit erst erlangen sollte, wenn bis zu einem bestimmten Termin kein Widerruf erklärt werde. Es handele sich insoweit um eine aufschiebende und nicht um eine auflösende Bedingung. Damit war mit dem Abschluss des Vergleichs der Verbund Scheidungs- und Versorgungsausgleichssache einerseits und nachehelicher Unterhalt andererseits nicht aufgehoben. Vor Ablauf der Widerrufsfrist habe daher kein Scheidungsurteil ergehen dürfen, da bei Erlass des vorliegenden Scheidungsurteils noch nicht abschließend darüber habe entschieden werden können, ob mit dem Abschluss des Vergleichs die Folgesache nachehelicher Unterhalt aus dem Verbund ausgeschieden war. Erst mit Ablauf der Widerrufsfrist habe das FamG feststellen können, ob der Verbund noch bestand oder mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung aufgelöst worden sei. Damit leide das erstinstanzliche Verfahren unter einem schweren Verfahrensmangel, da das erstinstanzliche Gericht nicht unter "faktischer Abtrennung des Unterhaltsverfahrens" über den Scheidungsantrag habe entscheiden dürfen. Dies gelte umso mehr, als Abtrennungsvoraussetzungen nicht vorgelegen hätten.

 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Urteil vom 22.09.2009, 4 UF 50/09

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