Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung. Rückforderungsanspruch gegen Erben bzw Erbeserben gemäß § 118 Abs. 4 S. 4 SGB 6. verdrängende Spezialregelung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Anspruch aus § 118 Abs 4 S 1 SGB 6 setzt voraus, dass der in Anspruch genommene Erbe oder Erbeserbe zugleich Empfänger bzw Verfügender war.

2. Neben dem Anspruch aus § 118 Abs 4 S 4 SGB 6 besteht keine Haftung der Erben gem § 118 Abs 4 S 1 iVm §§ 1922, 1967 BGB. Eine solche ist durch die Spezialregelung des § 118 Abs 4 S 4 SGB 6 ausgeschlossen (entgegen LSG München vom 16.3.2005 - L 19 R 635/01 = juris RdNr 23, LSG Stuttgart vom 1.6.2006 - L 1 U 4329/05 = juris RdNr 25 zu den inhaltsgleichen Regelungen in § 96 Abs 4 SGB 7; Anschluss an LSG Chemnitz vom 18.10.2007 - L 2 U 126/05 = juris RdNr 32 zu den inhaltsgleichen Regelungen in § 96 Abs 4 SGB 7).

3. Rechtsstreitigkeiten, die einen Rückforderungsanspruch nach § 118 Abs 4 SGB 6 betreffen, sind nicht gerichtskostenpflichtig iS des § 197a SGG, sondern gerichtskostenfrei iS des § 183 S 1 SGG.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.04.2014; Aktenzeichen B 5 R 25/13 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 15. März 2011 dahingehend abgeändert, dass ein Streitwert nicht festzusetzen ist. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten gegenüber der Klägerin, als Rechtsnachfolgerin des Stiefsohnes der verstorbenen Berechtigten, geltend gemachten Erstattung von Rentenzahlungen nach dem Tod der Berechtigten, im Zeitraum von November 1991 bis Mai 2007 in Höhe von 155.871,65 Euro.

Die am … 1920 geborene Versicherte, M… C…, bezog nach dem, am … 1922 geborenen und am … 1990 vorverstorbenen H… C…, eine Witwenrente und eine eigene Altersrente. Diese Renten wurden durch den Postrentendienst auf das Konto der Versicherten bei der Stadt- und Kreissparkasse L… bis zum Monat Mai 2007 gezahlt, obwohl diese bereits am … 1991 verstorben war. Hiervon erlangte die Beklagte durch einen Postrücklauf am 12. März 2007 und Mitteilung der Stadt L… vom 7. Mai 2007, auf Grund der erfolgten Nachfrage, Kenntnis. Am 10. Mai 2007 verfügte die Beklagte die endgültige Zahlungseinstellung und machte mit Schreiben vom 26. Juni 2007 und 17. Juli 2007 gegenüber der Stadt- und Kreissparkasse L… für die Zeit vom 1. November 1991 bis 31. März 2007 Erstattungsansprüche in Höhe von 107.917,56 Euro für die überzahlte Hinterbliebenenrente und in Höhe von 114.077,81 Euro für die überzahlte Altersrente geltend. Die Stadt- und Kreissparkasse L… teilte mit Schreiben vom 16. Juli 2007 mit, den noch auf dem Empfängerkonto vorhandenen Saldo in Höhe von 65.640,52 Euro zurückzuzahlen und erklärte, dass der am … 1945 geborene Stiefsohn der Versicherten und Sohn des H… C… , R… C… , der der Ehemann der Klägerin ist, über das Konto der Versicherten verfügt und Barabhebungen bis einschließlich 23. Juli 2004 vorgenommen habe. Danach sei über das Konto nicht mehr durch Dritte verfügt worden. Im Rahmen der daraufhin von der Beklagten eingeleiteten Ermittlungen wurde bekannt, dass R… C… am … 2004 verstorben ist. Mit Schreiben vom 19. September 2007 teilte die Stadt- und Kreissparkasse L… mit, ausweislich der vorgelegten Monatsumsätze sei ersichtlich, dass über das Guthaben des Kontos der Versicherten ausschließlich mittels Barabhebungen verfügt worden, neben der Versicherten alleiniger Verfügungsberechtigter der Sohn der Versicherten (zutreffender Weise: der Stiefsohn) verfügungsbefugt gewesen, das Konto nicht umgeschrieben worden und keine neuen Kontoinhaber eingetragen worden seien. Nach Einholung weiterer Auskünfte machte die Beklagte gegenüber der Stadt- und Kreissparkasse L… mit Schreiben vom 14. Februar 2008 einen Erstattungsanspruch in Höhe von 156.354,85 Euro geltend. Nachdem sich die Stadt- und Kreissparkasse L… auf § 118 Abs. 3 Satz 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) berufen hatte, wandte sich die Beklagte an die Klägerin, bat um Übersendung von Kontoauszügen für das Konto der Versicherten und um Übersendung eines Erbscheines für ihren verstorbenen Ehemann, R… C…. Nach Anhörung mit Schreiben vom 3. Februar 2009 und 25. Mai 2009 über die beabsichtigte Geltendmachung eines Erstattungsanspruches in Höhe von 155.871,65 Euro teilte die Klägerin mit Schreiben vom 16. Februar 2009 und 11. Juni 2009 mit, vom Konto, auf das die Rentenleistungen gezahlt wurden, weder Kenntnis gehabt zu haben, noch über dieses verfügungsberechtigt gewesen zu sein. Sie selbst habe weder Rentenzahlungen in Empfang genommen, noch sei sie verfügungsbefugt über das Empfängerkonto gewesen. Ihre wirtschaftliche Situation erlaube auch keine Rückzahlung.

Mit Bescheid vom 25. September 2009 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 24. August 2010 forderte die Beklagte von der Klägerin, in ihrer Eigens...

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