Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. Prozesskostenhilfeantrag. Verwendung des Formulars nach der PKHFV. Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache trotz fehlender Entscheidungsreife des Nebenverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage, ob die Rechtsauffassung, dass ein Antragsteller die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch in anderer Weise als durch die Verwendung des Formulars nach der Prozesskostenhilfeformularverordnung (juris: PKHFV) abgeben kann, nach den umfangreichen Änderungen des Prozesskostenhilferechts zum 1.1.2014 durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31.8.2013 (juris: PKH/BerHRÄndG) noch Geltung beanspruchen kann.

2. Ein Gericht muss mit der Hauptsachentscheidung nicht zuwarten, bis das Nebenverfahren (hier der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe) im Sinne einer Bewilligungsfähigkeit ebenfalls entscheidungsreif ist. Es obliegt vielmehr dem Antragsteller, seinen gesetzlichen Mitwirkungsobliegenheiten und -pflichten nachzukommen und damit dafür Sorge zu tragen, dass bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens auch über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entschieden werden kann.

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. Januar 2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. Januar 2018.

Der Beklagte hatte der Klägerin mit Bescheid vom 11. Dezember 2013 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Monate Dezember 2013 bis Mai 2014 bewilligt. Mit Bescheid vom 8. April 2015 erließ er eine endgültige Leistungsbewilligung. Hierbei setzte er die Leistungen für Februar 2014 bis Mai 2014 auf 0,00 EUR fest, die Bewilligungsentscheidung für Dezember 2013 und Januar 2014 entsprachen denen aus dem Bescheid vom 11. Dezember 2013. In Ergänzung dessen forderte er mit Bescheid vom 8. April 2015 die Erstattung von 2,781,80 EUR. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2015 zurück. Die Klage der Klägerin Az. S 26 AS 2632/18 wies das Sozialgericht mit Urteil vom 18. Mai 2017 zurück. Die hiergegen eingelegt Berufung ist unter dem Az. L 3 AS 570/17 anhängig.

Unter dem 28. Februar 2017 erließ der Beklagte zwei Bescheide. Mit dem Änderungsbescheid hob er den Bescheid vom 11. Dezember 2013 auf, änderte den Bescheid vom 8. April 2015 ab und setzte die zu bewilligenden Leistungen für den gesamten Bewilligungszeitraum neu fest. Mit dem Erstattungsbescheid forderte er nur noch einen Betrag von 609,22 EUR. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2017 zurück.

Die Klägerin hat am 7. Juni 2017 Klage gegen den Bescheid vom 28. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2017 erhoben (Az. S 3 AS 2169/17). Auf die Klageerwiderung des Beklagten hin hat das Sozialgericht mit richterlichem Schreiben vom 22. September 2017 darauf hingewiesen, dass die Änderungs- und Erstattungsbescheide vom 28. Februar 2017 gemäß § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens Az. S 26 AS 2632/18 geworden seien. Daher sei die Klage unzulässig. Es werde zur Klagerücknahme geraten. Im selben Schreiben hat das Sozialgericht zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Dieses Schreiben ist dem Klägerbevollmächtigten am 26. September 2017 zugestellt worden. Der Beklagte hat auf eine entsprechende Anhörung sein Einverständnis mit Schriftsatz vom 29. September 2017 erklärt.

Der Klägerbevollmächtigte hat mit Schreiben vom 9. Oktober 2017 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt, weil es einer anwaltlichen Prüfung bedürfe, ob tatsächlich eine unzulässige Klage vorliege. Mit gerichtlichem Schreiben vom 18. Oktober 2017 ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass die Klage keine Erfolgsaussicht habe. Wenn am Prozesskostenhilfeantrag festgehalten werde, werde gebeten, einen ausgefüllten Vordruck zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sowie zugehörige Nachweise einzureichen.

Das daraufhin vom Klägerbevollmächtigten mit Schreiben vom 1. Dezember 2017 angebrachte Ablehnungsgesuch gegen den Kammervorsitzenden ist mit Beschluss vom 4. Januar 2018 (Az. S 3 AS 2169/17) zurückgewiesen worden.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2018 abgewiesen und zur Begründung auf die anderweitige Rechtshängigkeit abgestellt. Mit Beschluss vom selben Tag hat es zudem den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil ein ordnungsgemäßer Vordruck zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht eingereicht worden sei und im Übri...

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