Leitsatz (amtlich)

1. § 95 VVG findet keine Anwendung, wenn lediglich einzelne Gegenstände aus einem versicherten Sachinbegriff veräußert werden. In diesem Fall verbleibt der Versicherungsvertrag beim Veräußerer und der Versicherungsschutz für die veräußerten Sachen erlischt, sofern der Vertrag nicht die Versicherung fremden Eigentums mit einschließt.

2. Sehen die Bedingungen einer Haushalt-Glasversicherung vor, dass im Falle des Wohnungswechsel der Versicherungsschutz für die alte Wohnung zwei Monate nach Beginn des Umzuges erlischt, so zählt die Gebäudeverglasung am bisherigen Versicherungsort im Falle einer späteren, von § 95 VVG erfassten Veräußerung nicht mehr zu den "versicherten Sachen".

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 14 O 65/16)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 19. Januar 2017 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 65/16 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.028,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Glasversicherung.

Zwischen der Zeugin D. K. und der Beklagten bestand mit Versicherungsbeginn 2. Februar 2012 unter der Versicherungs-Nummer XXXXXXXXX/XX eine sog. "BOXplus-Versicherung", bestehend aus Versicherungsverträgen über eine Wohngebäudeversicherung, eine Hausratversicherung und eine Unfallversicherung sowie, mit Einschluss zum 15. August 2012, einer Glasversicherung (Bl. 47 ff., 51 GA). Als "Versicherungsort" ist im Versicherungsschein das Anwesen "... pp." genannt. Bestandteil des Glasversicherungsvertrages waren ausweislich des Nachtrages Nr. 3 zum Versicherungsschein (Bl. 53 ff., 58 GA) die BOXplus- Bedingungen für die Glasversicherung - 05/09 (Bl. 60 ff. GA). Versicherte Sachen in der Glasversicherung waren nach dem Versicherungsschein die "Gebäude- und Mobiliarverglasung in einem ständig bewohnten Einfamilienhaus". Mit nicht datiertem Schreiben kündigte die Zeugin D. K. die Wohngebäude-, Hausrat- und Glasversicherungsverträge, weil sie das Wohngebäude in B. verkauft habe (Bl. 62 GA). Die Beklagte bestätigte gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 27. August 2015 "die Aufhebung der Wohngebäudeversicherung zum 1. August 2015" (Bl. 63 GA). Auch der Vertrag über die Glasversicherung ist zum 1. August 2015 ausgelaufen (Bl. 90 GA).

Das im Versicherungsschein als "Versicherungsort" bezeichnete Anwesen stand ursprünglich im Eigentum der Zeugen D. und A. K. Diese veräußerten das Anwesen gemäß notarieller Urkunde vom 7. April 2015 (UR Nr. XXX/XXXX X des Notars Dr. M. K. in H. - Bl. 8 ff. GA) an die Klägerin zum Preis von 110.000,- Euro. Gemäß der vertraglichen Vereinbarung war das Anwesen bis zum Ablauf des 30. April 2015 "von Personen und beweglichen, nicht mitverkauften Sachen besenrein freizumachen" (Bl. 12 GA). Die Klägerin bezog das Anwesen nach eigenen Angaben "wohl Ende April" (Bl. 114 GA) oder im Mai 2015 (Bl. 210 GA) und wurde am 16. Juli 2015 (Bl. 43/99 GA) als neue Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Im Rahmen der vor dem Kauf erfolgten Besichtigung des Hausanwesens, das zu diesem Zeitpunkt noch bewohnt war (Bl. 210 GA), waren der Klägerin im Wintergarten des Anwesens Risse in zwei der insgesamt neun Platten des Wintergartens aufgefallen, die sich in der Folgezeit vergrößerten und erweiterten. Die Klägerin meldete der Beklagten über deren Agentur im Juli 2015 den Schaden, wobei sie ein Lichtbild (Bl.121 GA) übersandte, aus dem zwei Risse ersichtlich sind. Der Vermittler der Beklagten, der Zeuge U., teilte der Beklagten mit E-Mail vom 27. Juli 2015 mit, dass er die Klägerin darauf hingewiesen habe, dass eine Schadensmeldung durch die Zeugin D. K. vorgelegt werden müsse und dass eine Nachfrage bei der Zeugin D. K. ergeben habe, dass diese von Verschleiß ausgehe und keine Schadensmeldung abgeben werde (Bl. 64 GA). Unter dem 2. August 2015 erteilte eine von der Klägerin beauftragte Firma F. Sch. der Zeugin D. K. ein Angebot über die "Erneuerung beschädigter Lichtplatten" an der Balkon-Überdachung des Anwesens (Bl. 15 f. GA). Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 26. August 2015 mit, dass eine Eintrittspflicht aus der Glasversicherung nicht in Betracht komme, weil es sich bei den Schäden um Verschleiß handele, die Risse schon länger als ein Jahr vorhanden und als Mangel beim Kaufpreis berücksichtigt worden seien und die Klägerin zum Schadenszeitpunkt nicht Versicherungsnehmerin gewesen sei (Bl. 17 GA). Mit weiterem Schreiben vom 17. September 2015 hielt sie an ihrer Ablehnung fest (Bl. 19 GA). Mit anwaltlichen Schreiben vom 16. November 2015 (Bl. 20 f. GA) und vom 3. Dezember 2015 (Bl. 23 f. GA) ausgesprochene Leistungsaufforderungen blieben erfolglos.

Zur Begründung ihrer ursprünglich auf Erstattung von Schadensbeseitigungskosten nach Maßgabe des eingeholten Angebotes gerichteten, nach Hinweis der Beklagten später ...

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