a) Gefährliche Gegenstände.

 

Rn 165

Beim Umgang mit gefährlichen Gegenständen sind gegenstandsspezifische Pflichten zu beachten, zB bei Waffen (BGH NJW-RR 91, 24, 25; NJW 91, 696; 01, 2023, 2024; Ddorf VersR 90, 903), Feuerwerkskörpern (in der Silvesternacht gelten jedoch geringere Sicherheitsanforderungen, BGH NJW 86, 52, 53; BGHZ 139, 43, 45; NZM 09, 834 Rz 36; Stuttg VersR 09, 119 – sogar für den Neujahrstag, insoweit offengelassen von BGH NZM 09, 834 Rz 36; Jena NJW-RR 08, 831; Stuttg NJOZ 11, 407), Sky-Laternen (Frankf 24 U 108/14; Kobl 6 U 923/14; Teumer/Stamm VersR 09, 1036, 1038 f; mittlerweile ist die Benutzung in den meisten Bundesländern verboten), Maschinen (Köln MDR 69, 140; Hamm OLGZ 94, 292), insb Waschmaschinen (Ddorf NJW 75, 171; Hamm NJW 85, 332, 333 [OLG Hamm 27.03.1984 - 27 U 433/83]), Wasseraufbereitungsgeräten (Ddorf NZM 21, 890, 890 f [OLG Düsseldorf 13.09.2021 - 24 U 294/20]) oder Teleskopradladern, die zur Durchführung einer Cold Water Challenge genutzt werden (Hamm NJOZ 18, 1289). Zu Kfz s.o. Rn 158 ff.

b) Gefährliche Stoffe.

 

Rn 166

Beim Umgang mit gefährlichen Stoffen (zB leicht entzündlichen Stoffen, Umweltgiften oder Arzneimitteln) sind stets öffentlich-rechtliche Spezialregelungen zu beachten, die evtl als Schutzgesetze iSd § 823 II in Betracht kommen. Zivilrechtliche Verkehrspflichten betreffen insb Aufbewahrung bzw Lagerung (BGH NJW 07, 1683 [BGH 06.02.2007 - VI ZR 274/05]; Hamm NJW-RR 90, 794 [OLG Hamm 08.02.1990 - 6 U 143/89]; OLGR 96, 162, 164; Köln NJW-RR 90, 793 [OLG Köln 11.01.1990 - 7 U 121/89]; Saarbr OLGR 07, 678 ff), Benutzung (BGH NJW-RR 11, 1055 [BGH 10.05.2011 - VI ZR 196/10] Rz 12 ff: Frittierfett), Instruktionen bei der Weitergabe solcher Stoffe (BGH NJW 73, 615, 616; BB 73, 446) sowie die Entsorgung (BGHZ 63, 119, 123 f; MDR 68, 395; NJW 76, 46, 47 f; 06, 3628 Rz 10 ff mwN; Ddorf NJW-RR 96, 1426).

c) Insbesondere: Umwelthaftung.

 

Rn 167

Die Verkehrspflichten beim Umgang mit gefährlichen Stoffen sind Teil des größeren Gebiets der Umwelthaftung. Neben der Haftung aus § 823 II iVm umweltschützenden Normen, der Haftung nach dem UmwHG (Gefährdungshaftung des Inhabers bestimmter Anlagen mit Ursachenvermutung) und der Verantwortlichkeit nach dem USchadG ist die Haftung für Verkehrspflichtverletzung ein wichtiger Ansatzpunkt für die zivilrechtliche Umwelthaftung: Ein allg Schutz der Umwelt als ›sonstiges Recht‹ oder iRd Allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist nicht anerkannt und eine Verletzung von Gesundheit, Körper oder Eigentum lässt sich bei umweltgefährdenden Handlungen insb wegen des erforderlichen Grades der Beeinträchtigung und Problemen hinsichtlich der Kausalität zwischen Handlung und Rechtsgutverletzung häufig nicht nachweisen (vgl BeckOGK/Spindler § 823 Rz 800 mN; Thöne ZUR 22, 323, 324 ff). Mit Blick auf internationale Entwicklungen wird vereinzelt diskutiert, ob sich auch bestimmte umweltschützende Verkehrspflichten insb aus völkerrechtlichen Regelwerken ableiten lassen (zB Ipsen/Waßmuth/Plappert ZIP 21, 1843, 1850 f; im Ansatz auch Bach/Kieninger JZ 21, 1088, 1097 f; Verheyen/Franke ZUR 21, 624, 631 – mit Schwerpunkt auf Unterlassungsansprüchen). Hier handelt es sich allerdings, ähnlich wie bei Menschenrechtsverletzungen (Rn 175), regelmäßig um Schädigungen mit zahlreichen – meist mittelbaren – Ursachen, sodass – ganz abgesehen von allen mit einer solchen Argumentation einhergehenden schwierigen Kausalitätsfragen und der Problematik der Verbindlichkeit völkerrechtlicher Verpflichtungen für einzelne Personen oder Unternehmen – eine Pflichtenbegründung allenfalls in seltenen Ausnahmekonstellationen in Betracht kommen dürfte (s dazu jetzt auch Weigelt Haftung Privater für Beiträge zum Klimawandel 22, 274 ff). Zudem könnte hier zwischen Unterlassungs- bzw Beseitigungsansprüchen einerseits und Schadensersatzansprüchen andererseits zu differenzieren sein. Wichtige umweltschützende Verkehrspflichten sind insb solche, die sich aus der Herrschaft über bestimmte Gefahrenquellen ergeben, va die Pflichten zum umweltschonenden Umgang mit gefährlichen Stoffen (s.o. Rn 166) und zur umweltschonenden Entsorgung von Abfall (BGHZ 63, 119, 123 f – zur Vertragshaftung, aber mit Implikationen für die Deliktshaftung; Köln NJW-RR 90, 793; Hamm NJW-RR 90, 794 f [OLG Hamm 08.02.1990 - 6 U 143/89]). Für eine Delegation der Pflichten, insb im Entsorgungsbereich, gelten – trotz der Spezialregelung in § 22 KrWG (dazu insb BeckOGK/Spindler § 823 Rz 805 mwN) – die allg Regeln (s.o. Rn 126 f; vgl auch BGH NJW 76, 46, 47 f; Dresd VersR 95, 836; Ddorf NJW-RR 96, 1426, 1427 f). Praktisch wichtig sind weiterhin Pflichten zum Gewässerschutz (BGH MDR 68, 395; NJW 76, 46, 47 f [BGH 07.10.1975 - VI ZR 43/74]; 02, 818, 820 [BGH 22.11.2001 - III ZR 322/00]; Brandbg BeckRS 11, 11805), der praktisch allerdings in erster Linie über § 89 WHG gewährleistet ist (BeckOGK/Spindler § 823 Rz 810), sowie solche im Zusammenhang mit Tankanlagen, insb der Schutz gegen Auslaufen (BGHZ 142, 227, 233; Zweibr NJW-RR 00, 1554, 1555) und beim Befüllen (zB BGH VersR 70, 812, 813; NJW 93, 2740; 95, 1150).

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