Rn 8

§ 814 Alt 2 verweigert dem Zuwendenden die Rückforderung rechtsgrundlos erbrachter Leistungen, soweit diese einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entspr. Maßgebend für das Bestehen einer solchen Sitten- oder Anstandspflicht sind die objektiv herrschenden Moralvorstellungen, deren sich der Leistende nicht (subjektiv) bewusst sein muss (KG FamRZ 02, 1359; Staud/Lorenz § 814 Rz 16). IÜ setzt der Kondiktionsausschluss nach § 814 Alt 2 voraus, dass der Leistende im Zeitpunkt der Leistungserbringung irrtümlich glaubt, zur Leistung verpflichtet zu sein. Andernfalls greift bereits § 814 Alt 1. Der damit ohnehin eng umgrenzte Anwendungsbereich des § 814 Alt 2 hat heute nur noch geringe praktische Relevanz. Denn insb die Fallkonstellationen, in denen früher überobligatorische Unterhaltsleistungen an bedürftige Angehörige als sittliche Verpflichtung verstanden wurden (vgl zur älteren Rspr Staud/Lorenz § 814 Rz 20 mwN; München NJW 04, 1442, 1444 – Unterhalt an Verschwägerte), sind in Zeiten sozialrechtlich abgesicherter staatlicher Alimentationen kaum noch anzutreffen (heute deshalb Kondiktion zulässig KG FamRZ 02, 1397). Und auch Unterhaltsleistungen des Scheinvaters an ein vermeintlich von ihm abstammendes Kind sollen nicht einer Sitten- und Anstandspflicht iSd § 814 Alt 2 entspr (Grüneberg/Sprau § 814 Rz 9; BRHP/Wendehorst § 814 Rz 14), worauf es iÜ dann nicht ankommt, wenn die zurückverlangten Zahlungen vor der Anfechtung der zuvor festgestellten Vaterschaft und solcherart mit Rechtsgrund erbracht wurden (ebenso AnwK/v Sachsen Gessaphe § 814 Rz 11).

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