Gesetzestext

 

(1) 1Eine Vereinbarung, nach der der Gläubiger die Erfüllung einer Entgeltforderung erst nach mehr als 60 Tagen nach Empfang der Gegenleistung verlangen kann, ist nur wirksam, wenn sie ausdrücklich getroffen und im Hinblick auf die Belange des Gläubigers nicht grob unbillig ist. 2Geht dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zu, tritt der Zeitpunkt des Zugangs dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung an die Stelle des in Satz 1 genannten Zeitpunkts des Empfangs der Gegenleistung. 3Es wird bis zum Beweis eines anderen Zeitpunkts vermutet, dass der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung auf den Zeitpunkt des Empfangs der Gegenleistung fällt; hat der Gläubiger einen späteren Zeitpunkt benannt, so tritt dieser an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs der Gegenleistung.

(2) 1Ist der Schuldner ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nummer 1 bis 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, so ist abweichend von Absatz 1

1. eine Vereinbarung, nach der der Gläubiger die Erfüllung einer Entgeltforderung erst nach mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung verlangen kann, nur wirksam, wenn die Vereinbarung ausdrücklich getroffen und aufgrund der besonderen Natur oder der Merkmale des Schuldverhältnisses sachlich gerechtfertigt ist;
2. eine Vereinbarung, nach der der Gläubiger die Erfüllung einer Entgeltforderung erst nach mehr als 60 Tagen nach Empfang der Gegenleistung verlangen kann unwirksam.

2Absatz 1 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Ist eine Entgeltforderung erst nach Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen, so ist eine Vereinbarung, nach der die Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung mehr als 30 Tage nach Empfang der Gegenleistung beträgt, nur wirksam, wenn sie ausdrücklich getroffen und im Hinblick auf die Belange des Gläubigers nicht grob unbillig ist.

(4) Ist eine Vereinbarung nach den Absätzen 1 bis 3 unwirksam, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(5) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden auf

1. die Vereinbarung von Abschlagszahlungen und sonstigen Ratenzahlungen sowie
2. ein Schuldverhältnis, aus dem ein Verbraucher die Erfüllung der Entgeltforderung schuldet.

(6) Die Absätze 1 bis 3 lassen sonstige Vorschriften, aus denen sich die Beschränkungen für Vereinbarungen über Zahlungs-, Überprüfungs- oder Abnahmefristen ergeben, unberührt.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Norm setzt die Vorgaben aus Art 3 V der Zahlungsverzugs RL 2011/7/EU um und wurde mit Wirkung zum 22.7.14 ins BGB eingefügt (BGBl I S 1218). Sie beschränkt die Zulässigkeit vertraglicher Vereinbarungen über Zahlungsfristen, die verhindern, dass ein Schuldner überhaupt in Verzug kommt (Faust DNotZ 15, 645). Der Grundsatz der sofortigen Fälligkeit nach § 271 bleibt durch § 271a unberührt (Grüneberg/Grüneberg § 271a Rz 1).

B. Anwendungsbereich.

I. Sachlicher Anwendungsbereich.

 

Rn 2

§ 271a I und II sind ausschließlich auf Entgeltforderungen anwendbar, deren Erfüllung ein Gläubiger erst nach einer bestimmten Zeit verlangen kann (sog Fälligkeitsvereinbarungen). Nach § 271a V gelten die Regelungen nicht für Abschlagszahlungen und sonstige Ratenzahlungen sowie für Verträge, aus denen ein Verbraucher die Erfüllung einer Entgeltforderung schuldet. Entgegen der Gesetzesbegründung (BTDrs 18/1309, S 15; dem folgend Grüneberg/Grüneberg § 271a Rz 3) gelten § 271a I und II auch für Stundungsvereinbarungen, jedenfalls, wenn sie vor Fälligkeit getroffen werden (Faust DNotZ 2015, 648 f). § 271a gilt gem § 286 V auch für abweichende Vereinbarungen über den Eintritt des Verzugs (hierzu Thiergart GWR 14, 342).

II. Persönlicher Anwendungsbereich.

 

Rn 3

§ 271a ist sowohl auf den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern als auch zwischen Unternehmern und öffentlichen Auftraggebern iSd § 98 GWB anwendbar (§ 271a II). Auf Verbraucher findet § 271a nur Anwendung, wenn sie Gläubiger einer Entgeltforderung sind. Dementsprechend ist § 271a auf Geschäfte zwischen Verbrauchern nicht anwendbar (Grüneberg/Grüneberg § 271a Rz 2a).

III. Zeitlicher Anwendungsbereich.

 

Rn 4

§ 271a gilt für Schuldverhältnisse, die nach dem 28.7.14 begründet worden sind. Nach der Übergangsregelung des Art 229 § 34 EGBGB gilt § 271a zudem für Schuldverhältnisse, die zwar vor dem 28.7.14 entstanden sind, deren Gegenleistung aber erst nach dem 30.6.16 fällig wird.

C. Vereinbarung.

 

Rn 5

Nach bislang geltendem Recht war es möglich, individualvertraglich besondere Zahlungsfristen zu vereinbaren. Zahlungsfristen von mehr als 60 Tagen müssen nunmehr ausdrücklich vereinbart werden und dürfen nicht grob unbillig sein. Die grobe Unbilligkeit einer längeren Zahlungsfrist beurteilt sich nach den Kriterien in Art 7 I–III der Zahlungsverzugs RL (zB grobe Abweichungen vom Handelsbrauch). Dabei sind die Nachteile, denen der Gläubiger durch den Abschluss einer solchen Vereinbarung ausgesetzt ist, mit den berechtigten Interessen des Schuldners in ein Verhältnis zu setzen. Schriftform erfordert § 271a nicht (Grüneberg/Grüneberg § 271a Rz 4). Gem § 271a I 1 beginnt die 60-Tages-Frist mit Erhalt der Gegenleistung zu laufen. Wenn dem Schuldner nach Empfang...

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