Rn 12

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann oder wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren und ein Tätigwerden des BGH erforderlich machen (BGHZ 154, 288, 291 f; BGH NJW 04, 2222, 2223). Das ist zB bei Musterprozessen und solchen Verfahren der Fall, bei denen es um die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, anderen typischen Vertragsklauseln oder Tarifen geht (vgl § 511 Rn 45; Musielak/Voit/Ball § 543 Rz 6); auch das tatsächliche oder wirtschaftliche Gewicht eines Rechtsstreits kann Grundsätzlichkeit begründen, wenn der Rechtssache eine erhebliche gesamtwirtschaftliche Bedeutung zukommt (MüKoZPO/Krüger § 543 Rz 10). Die Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage setzt die Revisibilität des anzuwendenden Rechts voraus (§ 545 I). Klärungsbedürftig kann eine Rechtsfrage auch dann sein, wenn sie vom BGH noch nicht hinreichend geklärt (BVerfG WM 16, 1434 Tz 34) oder zwar geklärt ist, jedoch entweder die Instanzgerichte dem BGH weitgehend nicht folgen oder im Schrifttum ernst zu nehmende Bedenken gegen die höchstrichterliche Rspr geäußert werden (s.a. BGH 21.9.22 – IV ZR 305/21 Rz 5 – juris). Der Fortbestand der Klärungsbedürftigkeit in diesen Fällen ist erforderlich, um der Gefahr einer Rechtserstarrung entgegenzuwirken (vgl BTDrs 14/4722, 104) und den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Justizgewährungsanspruchs zu genügen (vgl dazu BVerfG WM 11, 1117, 1118). Ist die Rechtslage höchstrichterlich abstrakt geklärt, ist der Zulassungsgrund auch in ähnlich gelagerten Sachverhaltskonstellationen nicht mehr gegeben (BGH 21.3.22 – VIa ZR 334/21 Rz 13 – juris).

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