Rn 9

Prozesskostenhilfe kann für jede Partei eines Verfahrens bewilligt werden. Mit Partei ist jede natürliche Person gemeint. Auf die Staatsangehörigkeit kommt es nicht an, auch Ausländern kann – auch wenn sie im Ausland leben – PKH bewilligt werden. Auch dem Nebenintervenienten kann PKH bewilligt werden. Dabei kommt es nur auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Nebenintervenienten an, nicht auf die der Hauptpartei. Für jeden Beteiligten eines Verfahrens sind die Voraussetzungen der Bewilligung gesondert zu prüfen, das gilt auch für Streitgenossen, unabhängig davon, ob sie notwendige oder einfache Streitgenossen sind. Bei der notwendigen Streitgenossenschaft ergeht ggü allen Streitgenossen eine einheitliche Sachentscheidung (§ 62). Es wird die Auffassung vertreten, dass wenn alle Streitgenossen bedürftig sind, sie sich durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen (Dürbeck/Gottschalk Rz 48). Diese Schlechterstellung ggü einer nicht bedürftigen Partei lässt sich allerdings kaum begründen. Auch die freie Wahl des Rechtsanwalts, auch iRd PKH, gehört zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Auch bei Streitgenossenschaft können unterschiedliche Interessenlagen bei den Streitgenossen vorliegen, abgesehen davon, dass bereits das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Partei die freie Wahl des Rechtsanwalts gebietet. Sind in einem Verfahren Streitgenossen, von denen einer bedürftig ist und einer nicht, von demselben Anwalt vertreten, so beschränkt sich die PKH-Bewilligung auf die Erhöhung der Gebühr, die aufgrund von VV 1008 entsteht (BGH FamRZ 19, 1629. Nach dieser Ansicht muss sich folgerichtig auch die Prüfung der Bedürftigkeit darauf beschränken, ob die Partei in der Lage ist, diesen Erhöhungsbetrag zu zahlen (Zimmermann Rz 36) Damit hat der BGH den zuvor bestehenden Streit entschieden.

Die BGB-Gesellschaft ist nur eingeschränkt parteifähig. Auf diese und die Erbengemeinschaft findet daher ebenfalls § 114 und nicht § 116 Anwendung, der die Prozesskostenhilfe für juristische Personen regelt. Klagt eine BGB-Gesellschaft oder eine Erbengemeinschaft, so sind die Mitglieder dieser Gemeinschaft wie Streitgenossen zu behandeln. Bei der Erbengemeinschaft kommt es auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse aller Miterben an, wenn zwar nur ein Miterbe nach § 2039 BGB klagt, dieser aber durch die begüterten Miterben vorgeschoben werden soll (Dürbeck/Gottschalk Rz 75; Saarbr NJW 09, 2070 [OLG Saarbrücken 30.01.2009 - 5 W 39/09]). Die BGB-Gesellschaft kann als Außengesellschaft durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründen und ist dann sowohl aktiv als auch passiv parteifähig (BGH NJW 03, 1043 [BGH 15.01.2003 - XII ZR 300/99]). Als Außengesellschaft fällt sie unter § 116 (BGH NJW 11, 1595 [BGH 10.02.2011 - IX ZB 145/09] s.a. § 116 Rn 16). Die Innengesellschaft ist nach wie vor nicht aktiv und passiv parteifähig (s § 50 Rn 21), ihr kann daher auch keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden.

Verfahrenskostenhilfe kann nur eine bedürftige Partei erhalten, die in eigenen Rechten betroffen ist (BGH FamRZ 17, 1700). Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Betreuungsverfahren mit dem Ziel, eine Bestellung als Betreuer zu erreichen ist ausgeschlossen (BGH NJW 17, 2622 [BGH 31.05.2017 - XII ZB 550/16]; NJW 15, 234 [BGH 22.10.2014 - XII ZB 125/14]). Der Verfahrenspfleger in Unterbringungsverfahren ist nicht Vertreter des Betroffenen, sondern selbst Partei kraft Amtes, die im Verfahren ausschließlich die Interessen eines anderen wahrnimmt. Er hat für ein Rechtsbeschwerdeverfahren keinen Anspruch auf PKH, da er einen Kostenvorschussanspruch gegenüber der Staatskasse bei Vermögenslosigkeit des Betroffenen gem § 277 FamFG iVm § 1835 (jetzt § 1808 BGB bei Minderjährigen und § 1877 BGB bei Volljährigen) hat und ihm Kosten nicht auferlegt werden können (BGH Beschl v 20.10.21 – XII ZB 371/21, juris = MDR 22, 52).

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