Rn 24

Eine Schiedsvereinbarung kann aus zahlreichen formellen und materiellen Gründen unwirksam sein. Ist die Schiedsvereinbarung in Deutschland abgeschlossen, gelten ohne Weiteres die Formvorschriften des § 1031. Soweit eine deutsche Partei an einer Schiedsvereinbarung beteiligt ist, gilt für deren Rechts- und Geschäftsfähigkeit deutsches Recht, für natürliche ausländische Personen gilt Art 7 EGBGB nF (s PWW/Mörsdorf Art 7 EGBGB), für juristische Personen das auf diese anwendbare internationale Gesellschaftsrecht (s PWW/Brödermann/Wegen IntGesR).

 

Rn 25

Einige Staaten (früher regelmäßig die Staaten des COMECON) und diesen Staaten unmittelbar gehörende Staatsunternehmen schließen Schiedsverträge ab, um sodann im Schiedsverfahren und später im Aufhebungs- oder Vollstreckungsverfahren einzuwenden, sie seien nach ihrem Heimatrecht hierzu nicht fähig gewesen. Der Einwand ist regelmäßig rechtsmissbräuchlich. Nach dem Europäischen Übereinkommen über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit von 1961 (BGBl 1964 II, 426) haben die Staaten und deren Unternehmen die Fähigkeit, wirksam Schiedsvereinbarungen zu schließen, es sei denn, sie hätten bei der Unterzeichnung, Ratifizierung oder Beitritt einen Vorbehalt erklärt, was kein Staat, der am internationalen Handels- und Wirtschaftsverkehr teilnehmen wollte, getan hat. Art II des Europäischen Übereinkommens gilt heute als Völkergewohnheitsrecht auch für die Staaten und deren Staatsunternehmen, die dem Abkommen nicht beigetreten sind. Jeder Staat und jedes Staatsunternehmen, der oder das im internationalen Wirtschaftsverkehr eine Schiedsvereinbarung durch ordnungsgemäß bestellte Vertreter unterzeichnet hat, ist hieran gebunden und kann sich nicht auf entgegenstehendes formelles Heimatrecht berufen.

1. Achtung: Drohende Präklusion der Rüge aus § 1059 II 1 a).

 

Rn 25a

Die Rüge, die Schiedsvereinbarung sei unwirksam und das Schiedsgericht damit unzuständig, muss dem Schiedsgericht spätestens mit der Klageerwiderung vorgetragen werden, § 1040 II. Unterbleibt diese Rüge vor dem Schiedsgericht, ist sie für die Verfahren nach §§ 1059, 1060 präkludiert (BGH 16.12.21 – I ZB 31/20, juris Rz 9).

2. Auslegung der Schiedsvereinbarung.

 

Rn 26

Für eine Schiedsvereinbarung gilt das von den Parteien gewählte Recht; haben die Parteien hierüber nichts bestimmt, gilt deutsches Recht. Mangels Rechtswahl, gilt das Statut des Hauptvertrags (BGH 8.11.18 – I ZB 24/18 juris, Rz 12). Um feststellen zu können, ob eine Schiedsvereinbarung wirksam oder unwirksam ist, muss das Gericht die im konkreten Einzelfall getroffene Vereinbarung auslegen (BGH 6.7.17 – I ZB 101/16, juris Rz 12). Hierbei hat es die allgemeinen Auslegungsregeln, Denkgesetze und Erfahrungssätze einzuhalten und es hat alle für die Auslegung erheblichen Umstände umfassend zu würdigen. Dazu gehören auch die Verhandlungen, die zum Abschluss der Schiedsvereinbarung geführt haben (BGH SchiedsVZ 09, 122, 125 Rz 25). Ebenso ist das spätere Verhalten der Beteiligten für deren tatsächlichen Willen und Verständnis von wesentlicher Bedeutung (BGH SchiedsVZ 09, 122 [BGH 13.01.2009 - XI ZR 66/08] Rz 27).

 

Rn 27

Eine Schiedsvereinbarung ist, wenn irgend möglich, geltungserhaltend auszulegen. Daher gilt der Grundsatz der weiten Auslegung (stRspr seit BGH WM 71, 308, 309). Der übereinstimmende Wille der Parteien bei Abschluss der Schiedsvereinbarung, eine Streitigkeit dem staatlichen Gericht zu entziehen und einem Schiedsgericht zuzuweisen, ist zu respektieren. Das gilt selbst dann, wenn der Wille möglicherweise nur unvollkommen oder fehlerhaft ausgedrückt worden ist.

 

Rn 28

Verweist die Schiedsvereinbarung auf ein nicht (mehr) existierendes Schiedsgericht, ist sie ergänzend auszulegen und zu prüfen, ob ein anderes Schiedsgericht zur Entscheidung des Streits berufen sein kann (BGH SchiedsVZ 11, 284 f [BGH 14.07.2011 - III ZB 70/10], Rz 1).

 

Rn 29

Hat sich der Beklagte bei einer Klage vor Gericht nach § 1032 I auf eine wirksame Schiedsvereinbarung berufen, und hat das Gericht deswegen die Klage als unzulässig abgewiesen, kann er sich im anschließenden Schiedsverfahren nach Treu und Glauben nicht mehr darauf berufen, es sei doch das staatliche Gericht zuständig. Nach Erlass eines Schiedsspruchs zu seinen Ungunsten kann er im Aufhebungsverfahren nach § 1059 II 1 a) nicht mehr geltend machen, die Schiedsvereinbarung sei in Wirklichkeit unwirksam. Die Entscheidung des Gerichts nach § 1032 I, nach der das Schiedsgericht zuständig ist, entfaltet im Verfahren nach § 1059 II 1 a) Bindungswirkung (BGH SchiedsVZ 14, 254 Rz 17). Den Parteien steht es jedoch im Rahmen ihrer Privatautonomie frei, die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts neu zu begründen, auch dann, wenn zuvor ein staatliches Gericht dessen Unzuständigkeit festgestellt hat. Spätere Erklärungen der Parteien sind daher daraufhin zu prüfen, ob in ihnen eine (neue) wirksame Schiedsvereinbarung liegt (BGH SchiedsVZ 14, 254 [BGH 18.06.2014 - III ZB 89/13] Rz 26). Hat der Kläger das Schiedsgericht angerufen, das Schiedsverfahren aber verloren, kann er sich im Verfahren nach § 1059 nach Treu und Glauben nicht mehr darauf...

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