Rn 1

§ 21g ist durch das ›Gesetz zur Stärkung der Unabhängigkeit der Richter und Gerichte‹ v 22.12.99 (BGBl I, 2598f) neugefasst mit dem Ziel, Privilegien und das Gestaltungsermessen der Vorsitzenden Richter abzuschaffen, die als Hindernisse auf dem Weg des Wandels der Justiz gesehen wurden (BTDrs 14/979, 4). Abgeschafft wurde der Quotenvorbehalt für die wählbaren Vorsitzenden in § 21a II sowie der Stichentscheid des Vorsitzenden des Präsidiums durch § 21e VII 1 (Kissel NJW 00, 460, 461 [BFH 11.08.1999 - XI R 77/97]: ›Vorsitzenden-Dämmerung‹). Das Kernstück ist § 21g, der die ratio des Plenarbeschlusses BVerfGE 95, 322 ff [BVerfG 08.04.1997 - 1 PBvU 1/95] umsetzt, die spruchkörperinterne Geschäftsverteilung spiegelbildlich zu § 21e regelt und vermeidbares Ermessen des Vorsitzenden beseitigt. An dessen Stelle ist der Mehrheitsbeschluss der Mitglieder des Spruchkörpers getreten.

 

Rn 2

Die spruchkörperinterne Geschäftsverteilung unterliegt dem Gesetzesvorrang ebenso wie das Präsidium, was aus Art. 20 III GG folgt. Eine Allzuständigkeit des Spruchkörperplenums in eigenen Angelegenheiten besteht nicht. Ermächtigungsgrundlage für die spruchkörperinterne Geschäftsverteilung sind Abs 1 S 1 und Abs 2 Hs 1, deren Inhalt auch die Grenzen der Kompetenz des Plenums bestimmt.

 

Rn 3

Abgrenzungsschwierigkeiten kann es geben zwischen der Reichweite der Anordnungsbefugnis des Präsidiums nach § 21e und der Regelungsbefugnis des Spruchkörperplenums nach § 21g. Hier gilt nicht das Prinzip der kommunizierenden Röhren, sondern der Vorrang der Anordnungen des Präsidiums im Geschäftsverteilungsplan nach § 21e I, die für das Spruchkörperplenum Bindungswirkung entfalten. Enthält der Präsidiumsbeschluss im Regelungsbereich des § 21e I oder IV eine Lücke, darf das Spruchkörperplenum diese nicht schließen. Es muss die Lückenschließung im Geschäftsverteilungsplan des Präsidiums herbeiführen. Enthält der Präsidiumsbeschluss eine zu weit gehende Anordnung iSd § 21e I, bindet dies gleichwohl das Plenum des Spruchkörpers, sodass es eine widersprechende (rechtmäßige) spruchkörperinterne Geschäftsverteilung nicht treffen darf. Vielmehr muss es das Präsidium um Änderung der zu weit gehenden Geschäftsverteilung ersuchen. Das System erscheint austariert.

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