Zusammenfassung

 

Art. 28 Brüssel Ia-VO(1) Lässt sich der Beklagte, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat und der vor dem Gericht eines anderen Mitgliedstaats verklagt wird, auf das Verfahren nicht ein, so hat sich das Gericht von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn seine Zuständigkeit nicht nach dieser Verordnung begründet ist.

(2) Das Gericht hat das Verfahren so lange auszusetzen, bis festgestellt ist, dass es dem Beklagten möglich war, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück so rechtzeitig zu empfangen, dass er sich verteidigen konnte oder dass alle hierzu erforderlichen Maßnahmen getroffen worden sind.

(3) An die Stelle von Absatz 2 tritt Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken), wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nach der genannten Verordnung von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu übermitteln war.

(4) Ist die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 nicht anwendbar, so gilt Artikel 15 des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nach dem genannten Übereinkommen im Ausland zu übermitteln war.

 

Rn 1

Für die Zuständigkeitsprüfung gilt grundsätzlich nationales Prozessrecht, das allerdings eine effektive Zuständigkeitsprüfung gewährleisten muss (EuGH C-94/14). Vor diesem Hintergrund betrifft Art 28 (bis 2015: ex-Art 26) den Fall der Nichteinlassung des Beklagten. Er regelt, unter welchen Voraussetzungen das angerufene Gericht sich für zuständig halten und ein Versäumnisurteil oder eine vergleichbare Entscheidung nach dem Recht anderer Mitgliedstaaten erlassen kann. Hierfür muss das angerufene Gericht vAw prüfen, ob es zuständig ist und ob die Zustellung den Maßgaben des Art 28 genügt.

 

Rn 2

Im Hinblick auf die Frage der Zustellung folgt die Vorschrift einem komplexen Mechanismus, innerhalb dessen gedanklich wie folgt zu prüfen ist: (1) Erfolgte die Zustellung der Klageschrift im Anwendungsbereich der EU-ZustellungsVO 1348/2000, so gilt der Mechanismus nach Art 19 VO 1348/2000 (s dort). Abs 2 und 4 sind unter dieser Prämisse nicht anwendbar. (2) Erfolgte die Zustellung der Klageschrift außerhalb des Anwendungsbereichs der ZustellungsVO 1348/2000, aber im Anwendungsbereich des Haager Zustellungsübereinkommens (Haager Übereinkommen vom 15.11.65 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen), so gilt dessen Art 17. Die Vorschrift des Art 28 II EuGVO ist unter dieser Prämisse nicht anwendbar. (3) Art 28 II gilt in allen übrigen Fällen. Das betrifft Konstellationen, in denen ein Gerichtsstand gegen einen Beklagten vor einem mitgliedstaatlichen Gericht begründet ist, aber die Zustellung in einem Staat erfolgt, in dem weder die ZustellungsVO noch das Haager Zustellungsübereinkommen anwendbar ist.

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