Leitsatz

Das OLG Nürnberg hatte sich mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Durchführung eines Berufungsverfahrens und die zeitgleich eingelegte Berufung auseinanderzusetzen. Es ging primär um die Frage, wie das Zusammenwirken der unter gleichem Datum eingereichten Schriftsätze zu werten ist.

 

Sachverhalt

Die Klägerin nahm ihren Ehemann auf Zahlung von Trennungsunterhalt und Unterhalt für die drei ehelichen Kinder in Anspruch. Das AG hatte die Klage insgesamt abgewiesen. Diese Entscheidung war der Prozessbevollmächtigen der Klägerin am 9.7.2007 zugestellt worden.

Am 8.8.2007 gingen beim OLG zwei Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 6.8.2007 ein. Der erste Schriftsatz mit der Überschrift "Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Berufungsverfahrens" enthielt das Rubrum und den Antrag, der Berufungsklägerin "für das beabsichtigte Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen unter Beiordnung ...". In der Begründung dieses Schriftsatzes ließ die Klägerin vortragen, sie "beabsichtige" gegen das Urteil des AG Berufung einzulegen und sei nicht in der Lage, die Kosten des Berufungsverfahrens aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Hinsichtlich der Erfolgsaussichten verwies sie auf die als "Anlage" beigefügte Berufungsbegründung. Der andere Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin trug die Überschrift "Berufung". An die Bezeichnung der Parteien schloss sich der Text an "... legen wir im Auftrag der Klägerin und Berufungsklägerin gegen das am 10.5.2007 verkündete und am 9.7.2007 zugestellte Urteil des AG, Aktenzeichen ..., Berufung ein".

Danach folgten die Anträge und eine Begründung hierzu. Dem Schriftsatz war eine Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt. Er schloss mit der Unterschrift der Prozessbevollmächtigten der Klägerin.

Mit Verfügung vom 8.8.2007 übermittelte der Vorsitzende des Senats dem Beklagtenvertreter beide Schriftsätze zur eventuellen Äußerung bis zum 3.9.2007. Diese Verfügung wurde auch der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Kenntnisnahme übersandt. Nach Eingang der Äußerung der Gegenseite bewilligte der Senat mit Beschluss vom 17.10.2007 der Klägerin Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren und ordnete ihr ihre Prozessbevollmächtigte bei. Dieser Beschluss wurde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24.10.2007 zugestellt. Nach fernmündlichem Hinweis des Senatsvorsitzenden, dass die Frist für die Wiedereinsetzung und die Berufungseinlegung bereits abgelaufen sei, reichte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 27.11.2007 einen Schriftsatz ein, in dem sie auf die "unbedingte" Berufungseinlegung und Begründung mit Schriftsatz vom 6.8.2007 hinwies und vorsorglich - nochmals - Berufung einlegte und beantragte, gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

 

Entscheidung

Das OLG verwarf die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig, da sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist eingelegt und begründet worden sei. Auch ihr Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und der Berufungsfrist waren nach Auffassung des OLG zurückzuweisen, da der Klägerin das anwaltliche Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen sei.

Zwar sei nach ständiger Rechtsprechung des BGH ein Schriftsatz, der alle formellen Anforderungen an eine Berufung oder eine Berufungsbegründung erfülle, regelmäßig als wirksam eingelegte Prozesserklärung zu behandeln. Der Schriftsatz der Klägerin vom 6.8.2007 erfülle alle gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungseinlegungs- und Begründungsschrift. Gleichwohl bestehe aufgrund des Zusammenwirkens der beiden Schriftsätze vom 6.8.2007 kein Zweifel daran, dass die Klägerin die Berufungseinlegung von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe habe abhängig machen wollen. Dafür spreche schon die Überschrift des ersten Schriftsatzes mit dem "Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Berufungsverfahrens".

Danach stehe außer Frage, dass aufgrund dieser eindeutigen Erklärung der Klägerin mit Einreichung der beiden Schriftsätze vom 6.8.2007 ausschließlich ein Prozesskostenhilfegesuch für eine spätere Berufung gegen das Urteil des AG habe eingereicht werden sollen.

Die schließlich mit Schriftsatz vom 27.11.2007 eingereichte und beim OLG am 30.11.2007 eingegangene Berufung sei entgegen § 517 S. 1 ZPO nicht binnen eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils eingelegt worden und deshalb als unzulässig zu verwerfen. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht. Der Prozesskostenhilfebeschluss des OLG vom 17.10.2007 sei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24.10.2007 zugestellt worden. Damit habe die zweiwöchige Frist für die Einreichung des Wiedereinsetzungsantrages und zur Einlegung der Berufung zu laufen begonnen. Innerhalb dieser Frist habe d...

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