Rz. 67

Das portugiesische Recht verbietet ausdrücklich – wie andere romanische Rechte in der Regel auch[57] – das gemeinschaftliche Testament: Nach Art. 2181 CC dürfen zwei oder mehr Personen nicht in einer Urkunde testieren – unabhängig, ob zu wechselseitigem Vorteil oder zugunsten eines Dritten. Das Verbot gilt für alle Portugiesen, zumindest im portugiesischen Inland (einschließlich der Inselgruppe Madeira sowie den Azoren) und für all jene Personen, die nach der EuErbVO ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Portugal haben.

 

Rz. 68

Besonders einzugehen ist hier auf einen Streit, der das portugiesische Recht lange beschäftigt hat: nämlich die Frage nach der Wirksamkeit des durch portugiesische Eheleute im Ausland errichteten gemeinschaftlichen Testaments.[58] Nach einer Entscheidung des portugiesischen Supremo Tribunal de Justiça von 1979 könne ein gemeinschaftliches Testament – trotz des Verbots nach Art. 2181 CC – wirksam sein, wenn das ausländische Recht am Ort der Errichtung (Ortsrecht – lex loci) diese Form gestattet. Durch Art. 64 lit. c CC wird Art. 2181 CC nicht mehr unter die Formvorschrift subsumiert, auch wenn es sich bei Art. 2181 CC eigentlich um eine Formvorschrift handelt. Damit hat sich die Entscheidung des Supremo Tribunal de Justiça aus portugiesischer Sicht zwar erledigt; der Gesetzgeber hat den Streit entschieden. Doch macht das Urteil des obersten portugiesischen Gerichts, das auch in der deutschen Literatur Beachtung gefunden hat und hier daher noch Erwähnung verdient, noch einmal ganz deutlich, dass das Verbot gemeinschaftlicher Testamente nach Art. 2181 CC eine Formvorschrift ist, die im Código Civil kraft gesetzlicher Vorschrift (Art. 64 lit. c CC) – systemwidrig – abweichend qualifiziert wird.[59]

 

Rz. 69

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde:

 

Fall:

Im Jahre 1962 hatten aus Portugal stammende Eheleute im US-Bundesstaat Pennsylvania ein gemeinschaftliches Testament errichtet – nach dortigem Recht – und sich gegenseitig zu Erben eingesetzt. Der Ehemann war amerikanischer Staatsangehöriger, die Ehefrau Portugiesin. Bald nach Testamentserrichtung verstarb die Ehefrau, der Ehemann im Jahre 1969. Eine Nichte der Ehefrau begehrte später die Feststellung, dass das Testament nichtig und sie gesetzliche Alleinerbin ihrer Tante geworden sei.

 

Rz. 70

Entscheidend für die Lösung dieses Falles war, wie das Verbot des gemeinschaftlichen Testaments nach dem portugiesischen CC (als dem auf die Erbfolge nach der portugiesischen Staatsangehörigen anwendbaren Recht, dem Erbstatut) zu "qualifizieren" sei. Handelte es sich um eine Frage der Form, wäre das in Pennsylvania errichtete Testament wirksam, wenn die dortigen Formvorschriften eingehalten waren (was hier der Fall war). Geht es bei dem Verbot dagegen um sachliche Gesichtspunkte (Inhalt der gemeinschaftlichen Verfügung), wäre obiges Testament ungültig. Der portugiesische Supremo Tribunal de Justiça entschied, dass das gemeinschaftliche Testament, das von einer Portugiesin im Ausland errichtet wurde, wirksam sei, wenn es dem Ortsrecht entspricht (damit blieb die Klage der Nichte der portugiesischen Erblasserin ohne Erfolg).

 

Rz. 71

Bemerkenswert ist die Entscheidung noch immer deshalb, weil sich der Supremo Tribunal de Justiça damit gegen die herrschende und mit Art. 64 lit. c CC Gesetz gewordene Meinung der portugiesischen Lehre ausgesprochen hat. Die Lehre hat das Verbot des gemeinschaftlichen Testaments fast ausnahmslos als sachbezogen qualifiziert; denn die Testierfreiheit sei geschützt, insbesondere die freie Widerruflichkeit der Testamente. Für die Maßgeblichkeit des Ortsrechts hatten sich nur wenige Autoren ausgesprochen.[60] Die Rechtsprechung hatte schon früh in diesem Sinne entschieden,[61] was mit dem Spruch 1979 höchstrichterlich bestätigt wurde – aus heutiger Sicht freilich nur ein Zwischenergebnis. Der Supremo Tribunal de Justiça argumentierte, dass eine wechselseitige Erbeinsetzung in verschiedenen Testamenten nicht verboten sei; zudem seien Formvorschriften ohnehin stets auch sachlich begründet.[62] Es schien, als habe der Supremo Tribunal de Justiça mit dieser Entscheidung für an Bedeutung zunehmende internationale Sachverhalte einen wichtigen Schritt getan: Spezifisch international-privatrechtliche Interessen – wie der Schutz im Ausland testierender Portugiesen (gerade auch in gemischtnationalen Ehen) – sollten auch vom (portugiesischen) Gericht anerkannt werden. Doch, wie beschrieben, ist die – aus international-privatrechtlicher Sicht – unbefriedigende Lösung mit Art. 64 lit. c CC Gesetz geworden.

 

Rz. 72

Als Ergebnis aus damaliger Sicht blieb festzuhalten: (Deutsch-)Portugiesische Eheleute können – aus Sicht des portugiesischen Rechts – in Deutschland ebenso wenig wirksam ein gemeinschaftliches Testament errichten wie dies auch (Deutsch-)Portugiesischen Eheleuten in Portugal nach Art. 2181 CC verboten ist. Aus deutscher Sicht freilich war die Qualifikation durch den portugiesischen Gesetzgeber nicht zu beachten und richtigerweis...

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