Rz. 14

Auch wenn das portugiesische Recht von der persönlichen Natur der gegenseitigen Übereinstimmung des Eheschließungswillens beider Eheschließenden ausgeht,[11] wird jedoch nicht zwingend die gleichzeitige Anwesenheit beider Ehepartner bei der Vornahme der Eheschließung gefordert. Vielmehr ist es einem der Eheschließenden erlaubt, die Ehe durch einen Bevollmächtigten schließen zu lassen (Art. 1620 CC; sog. "Handschuhehe"[12]). Dazu bedarf der Vertreter einer Spezialvollmacht für die Handlung der Eheschließung, in der die Person, mit der die Ehe eingegangen werden soll, wie auch die Art der Eheschließung ausdrücklich bezeichnet sein müssen (Art. 1620 Abs. 2 CC).[13] Bei dieser "Handschuhehe" muss also zumindest einer der Ehepartner persönlich anwesend sein. Eine in dieser Form in Portugal geschlossene Ehe ist nach dem internationalrechtlichen Grundsatz der Beachtung der Ortsform für die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts (vgl. Art. 11 Abs. 1 EGBGB) auch in Deutschland gültig.

 

Rz. 15

Auch der portugiesische Código Civil enthält Sonderregeln über "Noteheschließungen" oder Nottrauungen (Art. 1622 ff. CC – Casamentos urgentes – i.V.m. Art. 1599 ff. CC). Es handelt sich um die Ehe bei begründeter Furcht über den nahen Tod eines der Eheschließenden und die bei kurz bevorstehender Geburt. In diesen Fällen bedarf es weder des Aufgebotsverfahrens noch der Ausstellung des Ehefähigkeitszeugnisses (Art. 1599 CC); die Mitwirkung eines Standesbeamten ist ebenso entbehrlich (Art. 1622 Abs. 1 CC). Die zivilrechtlichen Voraussetzungen in Bezug auf die Ehefähigkeit beider Eheschließenden müssen gleichwohl erfüllt sein, wie Art. 1599 Abs. 2 CC klarstellt. Zudem wird von Amts wegen ein vorläufiger Heiratseintrag gefertigt (Art. 1622 Abs. 2 CC). Im Nachhinein ist dann über die Bestätigung der Eheschließung zu entscheiden sowie – soweit noch nicht geschehen – das Aufgebotsverfahren durchzuführen (Art. 1623 CC). Aus den gesetzlich festgelegten Gründen des Art. 1624 Abs. 1 CC kann jedoch eine Bestätigung der Nottrauung nicht stattfinden, insbesondere dann nicht, wenn die Ehefähigkeit nicht gegeben war (also entgegen Art. 1599 Abs. 2 CC), ein trennendes Ehehindernis besteht oder das Erfordernis der Noteheschließung vorgeschoben war. Die Ehegatten wie auch die Staatsanwaltschaft haben indes das Recht, gegen den die Bestätigung verweigernden Bescheid das Gericht anzurufen, um die Gültigkeit der Eheschließung endgültig klären zu lassen (Art. 1624 Abs. 3 CC).

[11] Vgl. den Wortlaut des Art. 1619 CC: A vontade de contrair casamento é estrictamente pessoal em relação a cada um dos nubentes.
[12] Zu dieser im Internationalen Privatrecht gängigen Bezeichnung für die Eheschließung durch Stellvertreter, besonders im islamischen Rechtskreis praktiziert, siehe nur Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, 9. Aufl. 2004, S. 696.
[13] Art. 1621 CC enthält eine eigene Regelung über Widerruf und Verwirkung dieser Sondervollmacht mit einer Schadensersatzverpflichtung des Widerrufenden in Abs. 2 (vgl. den Wortlaut in deutscher Übersetzung bei Nordmeier, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderbericht Portugal, S. 72).

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