Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhebung von Niederschlagswassergebühren für Entwässerung von Bundesautobahnen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Erhebung von Niederschlagswassergebühren für die Oberflächenentwässerung von Bundesautobahnen verstößt im Saarland nicht gegen höherrangiges Recht.

2. In die Gebührenpflicht dürfen nur solche Teilflächen der Bundesautobahn einbezogen werden, bei denen eine Entwässerung in die städtische Kanalisation erfolgt.

3. Die Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen – Ortsdurchfahrtsrichtlinien – stehen einer Erhebung von Niederschlagswassergebühren für die Oberflächenentwässerung von Bundesautobahnen nicht entgegen, da sie für Bundesautobahnen nicht gelten.

4. Die rückwirkende Inkraftsetzung einer Niederschlagswassergebühren-Satzung verstößt gegenüber Gebührenschuldnern, die nach der vorher angewandten Gebührensatzung nicht gebührenpflichtig waren, gegen das Rückwirkungsverbot, wenn die Nichteinbeziehung dieser Niederschlagswasser-Einleiter nicht rechtswidrig war. Keine verbotene Rückwirkung liegt dagegen vor, soweit die neue Satzung für den laufenden Veranlagungszeitraum erstmalig eine Gebührenpflicht schafft.

 

Normenkette

VwGO § 92 Abs. 3, § 125 Abs. 1; ABGS §§ 10, 12, 20 Abs. 1; FStrG § 3

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Urteil vom 22.09.2006; Aktenzeichen 11 K 10/06)

 

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Beklagte die Klägerin ursprünglich für die Jahre 1999 und 2000 zu Niederschlagswassergebühren von mehr als jeweils 109.986,00 EUR herangezogen hat; insoweit ist das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. September 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 11 K 10/06 – wirkungslos.

Die Berufung wird zurückgewiesen, soweit das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Heranziehung der Klägerin zu Gebühren für das Einleiten des auf den Teilflächen TEG 2.1b, 2.2b, 3, 4.1, 5, 6.1, 9, 9.1, 10a, 10.1, 10.2, 11.1a, 11.2 und 11 der BAB 6 (Bezeichnung nach den Lageplänen der IBZ-GmbH vom November 2006) im Jahr 2000 angefallenen Niederschlagswassers in die öffentliche Abwasseranlage in Höhe von 64.158,72 EUR abgewiesen hat.

Unter entsprechender Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. September 2006 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 11 K 10/06 – wird der Bescheid des Beklagten vom 10. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2005 sowie der in der mündlichen Verhandlung vom 5. September 2007 zu Protokoll erklärten Änderung aufgehoben, soweit die Klägerin darin zu Niederschlagswassergebühren für das Jahr 1999 in Höhe von 109.986,00 EUR herangezogen worden ist.

Die Entscheidung über die Berufung im Übrigen sowie die Kostenentscheidung bleiben vorbehalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Mittelstadt St. Ingbert hat am 05.09.2000 eine Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Abwasseranlage (Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung, ABGS) erlassen, die rückwirkend zum 01.01.1999 in Kraft gesetzt worden ist. Mit der Satzung vom 05.09.2000 ist die getrennte Erhebung von Schmutz- und Niederschlagswassergebühren im Gebiet des Beklagten eingeführt worden.

Mit an das Landesamt für Straßenwesen gerichtetem Bescheid des Beklagten vom 10.08.2001 wurden für die Jahre 1999 und 2000 Kanalbenutzungsgebühren für die Ableitung des Niederschlagswassers eines Teils der Autobahnfläche der BAB 6 in Höhe von insgesamt 472.000,00 DM (= 241.329,76 EUR) festgesetzt, wobei eine gebührenrelevante Fläche von 200.000 m² zugrunde gelegt wurde. In dem Bescheid findet sich der folgende Hinweis: „Wir weisen Sie darauf hin, dass trotz mehrmaliger Aufforderung kein Fragebogen zur Niederschlagswassergebühr von Ihnen abgegeben wurde. Die in der Tabelle aufgeführten Flächenangaben beziehen sich auf Auswertungen von Luftbildkarten.”

Gegen den Heranziehungsbescheid vom 10.08.2001 legte das Landesamt für Straßenwesen am 30.08.2001 unter Hinweis auf eine Vereinbarung vom 27.07./22.08.1990 über die anteilige Kostenübernahme für den Bau eines Staukanals an der Autobahn A 6, Abschnitt Betzental-Sengscheid, die die Heranziehung ausschließe, Widerspruch ein. Dieser wurde mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27.01.2005 ergangenem Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Saarpfalz-Kreises zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid wurde an das Saarland, vertreten durch den Landesbetrieb für Straßenbau, gerichtet.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 03.02.2005 per Einschreiben an den Landesbetrieb für Straßenbau abgesandt.

Am 02.03.2005 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage erhoben.

Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, die rückwirkende Inkraftsetzung der ABGS zum 01.01.1999 sei unzulässig. Dies gelte sowohl für eine echte als auch für eine unechte Rückwirkung. Ihr stehe insoweit Vertrauensschutz zu. Sie habe nicht erkennen können, ob die Abwassergebührensatzung der Mittelstadt St. Ingbert ohne Niederschlagswassergebühren wegen Überschreitung einer vo...

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