Leitsatz (amtlich)

›Eine im Produktionsvertrag zwischen einer Funk- und Fernsehanstalt und einem Komponisten von der Anstalt verwendete Vertragsklausel, wonach sich der Komponist ohne Regelung im Einzelnen bereit zu erklären hat, die Verlagsrechte an seinem Musikwerk einem bestimmten Musikverlag einzuräumen, ist eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 1 AGBG und gemäß § 9 AGBG unwirksam, weil sie wegen des gravierenden Eingriffs in die ihm nach § 31 f UrhG eingeräumte Dispositionsfreiheit über Art und der Nutzung und Vermarktung seines Werkes zu einer unangemessenen Benachteiligung des Komponisten führt.‹

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 6 O 1351/99)

 

Tatbestand

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein mit Sitz in B..., der als Berufsorganisation deutscher Komponisten 1954 gegründet wurde und zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, die rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen der Komponisten gegenüber Funk- und Fernsehanstalten wahrzunehmen.

Die Beklagte, eine Funk- und Fernsehanstalt, beauftragt im Rahmen von Film-, Funk- und Fernsehproduktionen Komponisten mit der Komposition und Produktion von Musikwerken. Für die Verträge mit den Komponisten verwendet die Beklagte Vertragsformulare, welche die folgende Klausel enthalten:

"Der Vertragspartner erklärt sich bereit, die Verlagsrechte zur Wahrnehmung dem D...- Musikverlag einzuräumen."

Wegen des weiteren Inhalts dieser "Autorenverträge" wird auf die zu den Akten gereichte Vertragskopie (vgl. Bl. 18 d.A.) Bezug genommen.

An dem D...-Musikverlag ist die Z...-Enterprise GmbH, ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Beklagten, als Kommanditistin mit einer Einlage von 10 000,-- DM beteiligt.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die von der Beklagten verwendete Vertragsklausel gegen § 9 AGBG verstoße. Dem Komponisten werde die freie Entscheidung über die Verwertung seines Werkes faktisch genommen. Nach dem Verteilungsplan der GEMA erhalte der Komponist nur noch 8/12 der GEMA-Anteile, während die übrigen 4/12 an den Verleger ausbezahlt würden. Außerdem widerspreche die Klausel dem Verlagsgesetz, welches einen grundsätzlichen Anspruch des Urhebers auf Zahlung eines Honorars normiere. Die Beklagte lasse jedoch nicht nur die finanziellen Interessen des Komponisten außer Acht, sondern nähme ihm auch die Entscheidung, ob und bei welchem Verlag er sein Werk veröffentlichen und verbreiten lassen wolle. Ferner verstoße die Klausel gegen § 138 BGB, da für die spätere Übertragung der Nutzungsrechte an den Verlag überhaupt keine Gegenleistung vorgesehen sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500 000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Intendanten der Beklagten, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit den Verträgen über die komposition und Produktion von Musikwerken in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die folgende oder eine inhaltsgleiche Klausel zu verwenden:

"Der Vertragspartner erklärt sich bereit, die Verlagsrechte zur Wahrnehmung dem D...-Musikverlag einzuräumen";

2. dem Kläger die Befugnis zuzusprechen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der Beklagten auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Einschaltung des Verlages nutze dem Komponisten, weil dieser Vorgang dazu beitrage, seine Gesamteinnahmen zu erhöhen. Der Verlag investiere, um Produzenten zur Erteilung von Kompositionsaufträgen zu motivieren und sorge für die bessere Auswertung von Kompositionen. Die Klausel entfalte keine Rechtswirkung und beinhalte daher keine allgemeine Geschäftsbedingung. Die Komponisten erklärten sich durch die Klausel lediglich zur Übertragung ihrer Rechte bereit, was noch keine rechtliche Verpflichtung darstelle; es handle sich lediglich um eine vorformulierte Individualvereinbarung. In jedem Fall sei die Übertragung von Rechten allein nicht ungewöhnlich, sondern entspreche dem gesetzlichen Leitbild. Zudem verbleibe dem Komponisten das Verwertungsrecht, das er der GEMA übertrage.

Die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal hat mit Urteil vom 7. Dezember 1999 dem Klageantrag stattgegeben. Nach Ansicht des Erstgerichts ist die streitige Klausel der Überprüfung nach dem AGB-Gesetz unterworfen und hält einer solchen nicht stand. Bei der beanstandeten Klausel, die inhaltlich nur eine Nebenabrede zum eigentlichen Kompositionsvertrag darstelle, handele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 1 AGBG, die den Vertragspartnern der Beklagten unangemessen untergeschoben werde. Die Möglichkeit, über die Klausel zu verhandeln, sei den Vertragspartnern aufgrund einer internen Anweisung der Beklagten entzogen. Die Klausel stelle nicht nur eine vage Absichtserklärung dar, sondern erwecke beim Vertragspartner den Eindruck, dass die Beklagte vertragliche Rechte und Pflichten beg...

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