Leitsatz (amtlich)

Belegloser Überweisungsverkehr: Pflicht der Bank zur Prüfung eines Überweisungsauftrags, wenn das Empfängerkonto wegen Kündigung des Girovertrags nicht mehr besteht.

 

Normenkette

BGB §§ 667, 677, 681 S. 2, § 686

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 12 O 18/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.03.2003; Aktenzeichen IV ZR 85/02)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Stuttgart – 12 O 18/01 – abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 41.789,56 Euro (81.733,27 DM) zzgl. 4 % Zinsen hieraus seit 2.3.2000 zu bezahlen.

Wegen des weiter gehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 51.300 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 41.789,56 Euro

Beschwer der Beklagten: über 20.000 Euro.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von 81.733,27 DM, welche am 25.1.2000 vom Finanzamt … im beleglosen Datenträgeraustausch an sie als Zahlungsempfängerin, aber auf ein Konto Nr. 7037193 bei der Beklagten überwiesen wurde, dessen Inhaber der Vater der Klägerin, D.L., war.

Wegen des Tatbestandes i.Ü. wird auf das Urteil des LG Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Ziff. 1 n.F. ZPO).

Das LG hat die Klage durch Urteil vom 22.6.2001 abgewiesen. Auf die Begründung des Urteils wird Bezug genommen.

Gegen das ihr am 30.6.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin die bei Gericht am 24.7.2001 eingegangene Berufung eingelegt und diese am 20.8.2001 begründet.

Beide Parteien beziehen sich auf ihren Vortrag erster Instanz.

Während die Klägerin in erster Instanz jedoch geltend gemacht hat, sie habe das streitbefangene Konto -193 dem Finanzamt nie genannt als dasjenige, auf das Steuererstattungen überwiesen werden sollten, legt sie nunmehr ein Schreiben des Finanzamts … vom 18.7.2001 (K 11) vor, wonach sie in einem von ihr selbst unterschriebenen und eingereichten Fragebogen zur steuerlichen Erfassung das Konto -193 bei der Beklagten als „Bankverbindung für Steuererstattungen” angegeben hat. Unstreitig hat die Klägerin lediglich die dieses Konto betreffende Einzugsermächtigung widerrufen, die Angabe des Erstattungskontos jedoch nie geändert.

Nachdem das Finanzamt unter Hinweis auf diesen Umstand eine erneute Auszahlung der Steuererstattung verweigert, ist die Klägerin der Ansicht, dies sei bei der Beurteilung, ob ihr ein Schaden entstanden sei, zu berücksichtigen. Im Übrigen stehe ihr ein Herausgabeanspruch nach §§ 677, 687 BGB zu, weil die Beklagte dadurch, dass sie den Erstattungsbetrag am 19.9.2000 auf ihr Erträgniskonto -577 verbucht habe, bereichert sei.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils erster Instanz die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 81.733,27 DM zzgl. 4 % Zinsen hieraus vom 28.1.2000 bis 20.3.2000 und von da an mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag seien nicht gegeben, da sie bei den Buchungsvorgängen ohne Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt habe. Trotz der Angabe eines weiblichen Vornamens auf dem Überweisungsträger habe sie bei Eingang des Betrages selbstverständlich zu Recht angenommen, dass die vom Finanzamt geleistete Zahlung den Vater der Klägerin betroffen habe, dem die Steuerrückerstattung aus verschiedenen Gründen viel eher zuzuordnen sei.

Schließlich sei der Klägerin kein Schaden entstanden, da ihr nach wie vor ein Anspruch gegen das Finanzamt zustehe.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

1. Die Klägerin kann von der Beklagten gem. §§ 677, 686, 681 S. 2, 667 BGB Auszahlung des streitbefangenen Überweisungsbetrages von 41.789,56 Euro (81.733,27 DM) beanspruchen.

1.1 Die Beklagte hat den Überweisungsbetrag ohne wirksamen Auftrag der Klägerin für diese vereinnahmt.

Die Beklagte hat fremdes Geld entgegengenommen, das sie erkennbar nicht auftragsgemäß verbuchen konnte. Ein Girovertrag für das im Überweisungsauftrag angegebene Konto bestand seit der Kündigung der Beklagten vom 30.7.1997 nicht mehr. Dass das Konto gleichwohl unter der Nr. -193/0 fortgeführt wurde, spielt entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung keine Rolle, da es sich insoweit nur um einen buchungstechnischen Vorgang handelt. Zu Recht weist das LG vielmehr darauf hin, dass die Beklagte mit Beendigung des Girovertrages nicht mehr berechtigt war, den eingehenden Betrag auf das Girokonto zu verbuchen, sondern dass sie diesen entweder hätte zurückgehen lassen oder einem Konto pro diverse zuführen und auf eine Klärung zwischen Überweisendem und Überweisun...

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