Tenor

1. Das Urteil des Landgerichts Rottweil vom 08.05.2019, Az. 6 O 94/18, wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 20.488,48 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 07.12.2018, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs Marke Volkswagen, Typ EOS, FIN: ..., zu bezahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.242,84 EUR zu erstatten.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

6. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/3, die Beklagte 2/3.

7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

8. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 30.787,98 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger macht Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem sog. "Diesel-Skandal" geltend.

Er erwarb das streitgegenständliche Fahrzeug, einen VW EOS 2,0 TDI, im März 2015 als Neuwagen zu einem Kaufpreis von 30.787,98 (s. Rechnung Anl. K 1, GA 36 f.). Das Auto ist ausgestattet mit einem Motor des Typs EA 189.

Der Motor des Fahrzeugs verfügte über eine Software, die in der Lage war, zu erkennen, ob sich das Fahrzeug im Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte befand. In diesem Fall schaltete die Software den Motor automatisch vom Betriebsmodus 0, unter dem das Fahrzeug normalerweise im Straßenverkehr betrieben wird, zum Betriebsmodus 1, in dem die Abgasrückführungsrate erhöht wird, wodurch insbesondere weniger Stickoxide ausgestoßen werden.

Das Kraftfahrtbundesamt erließ eine Anordnung, mit der der Beklagten aufgegeben wurde, die betroffenen Fahrzeuge - darunter auch das Fahrzeug des Klägers - zurück zu rufen, die Software, bei der es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele, zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen.

Mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2018 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihre Einstandspflicht für Schäden, die aus dem sog. "Diesel-Skandal" resultieren, anzuerkennen und setzte hierfür eine Frist bis 13.11.2018.

Der Kläger macht geltend, es habe sich bei der verbauten Software um eine illegale Abschalteinrichtung gehandelt, weshalb dem Fahrzeug die Typgenehmigung nicht hätte erteilt bzw. nachträglich hätte entzogen werden müssen. Die Klägerin sei über den Umstand, dass die Typgenehmigung erschlichen war, beim Erwerb des Fahrzeugs getäuscht worden. Die Beklagte habe bewusst und heimlich aus übermäßigem Gewinnstreben das Fahrzeug mit einer illegalen Abschalteinrichtung ausgestattet, weil sie sich anders nicht in der Lage gesehen habe, die gesetzlich vorgeschriebenen Abgaswerte einzuhalten. Daran ändere auch das nachträglich aufgespielte Software-Update nichts.

Es sei auch davon auszugehen, dass die Entwicklung und der Einsatz der Manipulationssoftware in Kenntnis des Vorstands der Beklagten erfolgte. Der Beklagten obliege hinsichtlich der Frage, welche Vorstandsmitglieder und sonstige Mitarbeiter der Beklagten wann und in welchem Umfang Kenntnis bezüglich des Einsatzes der illegalen Abschalteinrichtung hatten, eine sekundäre Darlegungslast.

Die Beklagte hafte deshalb wegen sittenwidriger Schädigung aus §§ 826 i.V.m. § 31 BGB sowie auch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1, 25 Abs. 1 Fall 2 StGB. Der Vertrag sei unter Anrechnung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Nutzungsentschädigung rückabzuwickeln.

Der Preis für Dieselautos sei durch den sogenannten "Diesel-Skandal" drastisch, mindestens um 25% gesunken. Ein Feststellungsinteresse bezüglich weiterer Folgeschäden ergebe sich daraus, dass damit zu rechnen sei, dass durch das erforderliche Software-Update Folgeschäden wie z.B. ein erhöhter Treibstoffausstoß, Motorruckeln, verlangsamte Beschleunigung oder eine geringere Leistungsfähigkeit eintreten würden.

Der Klägerseite seien Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,5 Geschäftsgebühr aus dem Gegenstandswert von 30.787,00 EUR entstanden.

Die Beklagte schulde zudem Zinsen auf der Grundlage von § 849 BGB.

Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt - zunächst hatte er den Antrag ohne Anrechnung eines Nutzungsersatzes gestellt - beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs Marke Volkswagen, Typ EOS, FIN: ... an die Klagepartei einen Betrag in Höhe von 30.787,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit unter Anrechnung einer in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeuges, hilfsweise gegen Anrechnung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 1,00 EUR zu zahlen.

Hilfsweise:

(1.) D...

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