Verfahrensgang

LG Hechingen (Urteil vom 13.10.2017; Aktenzeichen 1 O 75/17)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 03.07.2019; Aktenzeichen IV ZR 111/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 13.10.2017, Az. 1 O 75/17, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Hechingen ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.754,98 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Rechtsschutz für die Abwehr einer Darlehensrückforderung. Die Parteien streiten darum, ob der Rechtsschutzfall in versicherter Zeit eingetreten ist.

Die Klägerin war bis zum 01.01.2015 bei der Beklagten rechtsschutzversichert. Dem Versicherungsvertrag lagen die ARB 1975/95 zugrunde (Anlage B 1, GA I, Bl. 23 ff.).

In § 14 Abs. 3 der ARB ist geregelt, dass der Versicherungsfall in dem Zeitpunkt als eingetreten gilt, in dem der Versicherungsnehmer, der Gegner oder ein Dritter begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen.

In dem zugrundeliegenden Ausgangsprozess vor dem Landgericht Hechingen, für den die Klägerin Rechtsschutz begehrt, wurde die Klägerin von einer Erbengemeinschaft auf Rückzahlung eines Darlehens verklagt. Dieses zinslose Darlehen in Höhe von 35.000,00 EUR hatte die Klägerin im Jahr 2008 vom Erblasser erhalten. Bis März 2011 zahlte sie hierauf monatliche Raten zu je 200,00 EUR, danach stellte sie die Rückzahlung ein. Nach dem Tod des Erblassers kündigten die Erben den Darlehensvertrag im September 2015 und forderten von der Klägerin den noch nicht getilgten Darlehensbetrag in Höhe von 25.500,00 EUR zunächst außergerichtlich zurück. Die Kündigung wurde auf den Verzug der Klägerin mit der Rückzahlung der Darlehensraten gestützt (Beiakte LG Hechingen, 3 O 34/16, Anl. K2, Bl. 8 und K4, Bl. 10). Die Klägerin verweigerte die Rückzahlung mit der Begründung, dass der Rückzahlungsanspruch verjährt sei. Daraufhin kam es im Dezember 2015 zum Rechtsstreit vor dem Landgericht Hechingen, in welchem sich die Klägerin ausschließlich damit verteidigte, dass der Rückzahlungsanspruch der Erben verjährt sei. Verjährung sei zum 31.12.2014 eingetreten, da der Erblasser selbst den Darlehensvertrag bereits im Mai 2011 gekündigt und zuletzt im Juli 2011 den ausstehenden Betrag zurückgefordert habe. Der Rechtsstreit wurde durch einen Vergleichsschluss erledigt, in dem sich die Klägerin zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 21.000,00 EUR verpflichtete. Die aufgrund des Rechtsstreits entstandenen Kosten beliefen sich auf insgesamt auf 6.754,98 EUR.

Die Klägerin hat sich erstinstanzlich auf den Standpunkt gestellt, dass der Versicherungsfall gemäß § 14 Abs. 3 ARB im versicherten Zeitraum eingetreten sei. Maßgeblich für den Beginn des Versicherungsfalls sei entweder der Tag der Kündigung des Darlehens durch den Erblasser am 28.05.2011 oder die von ihr zu Unrecht eingestellte Darlehensrückzahlung im März 2011.

Die Beklagte hat erstinstanzlich dagegen eingewandt, dass der Eintrittspflicht aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag der Einwand der Nachvertraglichkeit entgegenstehe. Der Rechtsschutzfall sei entsprechend der Vertragsbedingungen erst im September 2015 eingetreten. Vorliegend sei der Verstoß maßgebend, den die Klägerin im Ausgangsprozess der Erbengemeinschaft vorgeworfen habe, nämlich die unberechtigte Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs im September 2015 trotz Verjährung.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Rechtsschutzfall nach § 14 Abs. 3 ARB zu einem Zeitpunkt eingetreten sei, als der Rechtsschutzversicherungsvertrag nicht mehr bestand. Abzustellen sei auf den Pflichtverstoß, den die Klägerin als Versicherungsnehmerin ihrem Gegner im Ausgangsprozess vorgeworfen habe, nämlich die Geltendmachung einer verjährten Forderung.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird im Einzelnen gemäß § 540 Absatz ein S. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (GA I, Bl. 64 ff.).

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin das erstinstanzliche Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Vorliegend kämen mehrere Rechtsschutzfälle zur Begründung des Versicherungsfalls in Betracht: die Einstellung der Darlehensrückzahlung im März 2011, außerdem die Kündigung des Darlehens durch den Erblasser im Mai 2011 und schließlich die Kündigung der Erbengemeinschaft im September 2015. Im Falle einer Häufung von Rechtsschutzfällen sei gemäß § 14 Abs. 3 S. 2 ARB 1975/95 der erste adäquat ursächliche...

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