Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 28.10.2015; Aktenzeichen 27 O 502/13)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 28.10.2015 - 27 O 502/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil und das Urteil des LG sind vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 1.755.600 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht wegen angeblicher Verletzung steuerrechtlicher Beratungspflichten.

1. Die Klägerin wurde am 15.11.2007 mit dem Ziel, einen Film und ein Computerspiel "..." zu produzieren und zu vermarkten, gegründet. Auf der an diesem Tag beim Notar R. in M. abgehaltenen Gründungsversammlung nahm die damalige Mitarbeiterin S. der Beklagten teil und empfahl die Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Inwieweit und mit welchem Inhalt sich die Mitarbeiterin der Beklagten seinerzeit zu steuerrechtlichen Fragestellungen äußerte, ist zwischen den Parteien streitig. Den Teilnehmern der Gründungsversammlung wurde ein von der H. H. V. GmbH erstellter Businessplan überlassen, in dem auch eine "Information unserer steuerlichen Berater" zu steuerrechtlichen Fragen enthalten war. Wegen Einzelheiten wird auf die Anl. B 1 der Beklagten verwiesen. Ob die dort enthaltene steuerliche Information wie auch der Businessplan im Übrigen vom Gründungsgesellschafter H. H. in Abstimmung mit der Beklagten erstellt oder von ihr zumindest geprüft worden ist, ist streitig. Am 21.11./9.12.2007 schlossen die Parteien eine schriftliche Mandatsvereinbarung sowie eine Honorarvereinbarung (Anl. K 6 und K 7). Nach der Gründungsversammlung wurde der Kommanditanteil von H. H. geteilt und an weitere Personen abgetreten, welche sodann Kommanditisten der Klägerin wurden.

Aufgrund Prüfungsanordnung vom 30.6.2008 führte das Finanzamt M. bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Der Betriebsprüfungsbericht vom 16.3.2010 gelangte zu dem Ergebnis, dass die zuvor bestandene gesonderte und einheitliche Feststellung negativer Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb im Veranlagungsjahr 2007 in Höhe von 6.899.080 EUR auf negative Einkünfte in Höhe von lediglich 99.080 EUR zu korrigieren sei. Zur Begründung führt der Betriebsprüfungsbericht aus, bei dem Film "..." handele es sich nicht um ein selbstgeschaffenes immaterielles Wirtschaftsgut der Klägerin. Im Hinblick auf diese Produktion lägen die Voraussetzungen eines Steuerstundungsmodells nach § 15b EStG vor. Wegen Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht verwiesen (Anl. K 5). Am 29.7.2010 erließ das Finanzamt M. einen geänderten Bescheid im Hinblick auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gegenüber der Klägerin, durch welchen der zuvor erklärte Verlust im Veranlagungsjahr 2007 in Höhe von 6.899.080 EUR aberkannt und lediglich noch ein Verlust i.H.v. 99.080 EUR anerkannt wurde (Anlage K 18). Der Einspruch der Klägerin hiergegen ist noch nicht abschließend beschieden.

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, die Beklagte sei ihren Kommanditisten wegen pflichtwidriger Erfüllung eines Steuerberatermandats mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter zum Schadensersatz verpflichtet.

Ihr Geschäftsmodell sei bereits vor Gründung der H. H. F. GmbH & Co. KG im Jahr 2006 unter maßgeblicher Beteiligung der Beklagten entwickelt worden. Ziel der Beratung gegenüber den Initiatoren dieser Gesellschaft sei es gerade gewesen, die steuerliche Anerkennung von Verlusten im Gründungsjahr sicherzustellen. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung des § 15b EStG habe die Beklagte durch ihre Mitarbeiterin S. das Konzept einer Unternehmergesellschaft entwickelt, um dem drohenden Modellcharakter zu entgehen. Es sei gerade die Aufgabe der Beklagten gewesen, steuerliche Risiken zu vermeiden. In der Gründungsversammlung der H. H. F. GmbH & Co. KG vom 17.11.2006 habe sich die Mitarbeiterin S. umfangreich zu steuerlichen Fragen geäußert. Nachdem von den Anwesenden auch Nachfragen zur Steuerrechtslage gestellt worden seien, habe diese angegeben, sie sei sich sehr sicher, dass die steuerlichen Verluste für das Jahr 2006 anerkannt würden. Mit der Gründung der Klägerin sei das bei der H. H. F. GmbH & Co. KG praktizierte Modell fortgesetzt worden. Dabei hätten sowohl ihre Gründungsgesellschafter als auch die später beigetretenen Gesellschafter auf die Ihnen bekannten Aussagen der Mitarbeiterin S. vertraut, welche diese zu steuerrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der H. H. F. GmbH & Co. KG getroffen habe, was dieser auch klar gewesen sei. Überdies habe die Mitarbeiterin S. auch in der Gründungsversammlung vom 15.11.2007 die Anwesenden in Sicherheit gewogen, dass die steuerlichen Verluste anerkannt würden und mi...

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