Leitsatz (amtlich)

1. Die Verurteilung, die Beseitigung einer Grunddienstbarkeit zu erwirken, ist nach § 888 ZPO zu vollstrecken, wenn die zur Erreichung des Ziels erforderlichen Geldsumme nicht feststeht.

2. Die Verurteilung zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung ist erst unzulässig, wenn der Schuldner darlegt und beweist, dass er alles ihm zumutbare zur Bewirkung des Erfolgs unternommen hat.

3. In der Verurteilung ist der maximal vom Schuldner einzusetzende Geldbetrag nicht zu bestimmen. Dies ist Sache des Vollstreckungsverfahrens.

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 25.02.2004; Aktenzeichen 8 O 5/03)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten und des Streithelfers gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Heilbronn vom 25.2.2004 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung. Der Streithelfer trägt die durch seine Nebenintervention veranlassten Kosten.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 43.000 Euro abwenden, wenn nicht die Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.

Streitwert der Berufung: 45.000 Euro

 

Tatbestand

Die Kläger haben die benachbarten Reihenhausgrundstücke 9008 bis 9008/5 von der Beklagten erworben. Die Häuser sind von der an der Ostgrenze des Grundstücks 9008 verlaufenden öffentlichen Straße her über den an der Nordgrenze der Grundstücke verlaufenden Zuweg zugänglich, den die jeweils anderen Hauseigentümer grundbuchrechtlich abgesichert mitbenützen dürfen. Die Beklagte hat außerdem den Eigentümern des nördlich angrenzenden Grundstücks 9007 durch Eintragung eines unentgeltlichen Geh- und Fahrrechts ins Grundbuch die Mitbenutzung des Wegs auf den Grundstücken der Kläger gestattet, ohne die Kläger in den Kaufverträgen ausdrücklich auf diese Belastung hinzuweisen. Sie verlangen von der Beklagten deshalb Beseitigung, hilfsweise Schadensersatz.

Das LG verurteilte die Beklagte, alle erforderlichen Handlungen vorzunehmen und alle erforderlichen Erklärungen abzugeben, um das zu Lasten der Grundstücke der Kläger eingetragene Geh- und Fahrrecht zugunsten des Grundstücks 9007 zu beseitigen.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen, gegen die sich die Beklagte und der Streithelfer mit ihrer Berufung wenden.

Die Beklagte trägt zur Begründung vor, das LG habe die Rechtslage insgesamt verkannt. Der der Verurteilung zu Grunde liegende Hauptantrag der Kläger sei bereits unzulässig, der hilfsweise geltend gemachte Schadensersatzanspruch jedenfalls unbegründet. Außerdem sei sie nach § 5 der notariellen Kaufverträge berechtigt gewesen, die Grunddienstbarkeiten eintragen zu lassen. Unabhängig hiervon sei die Erfüllung des geltend gemachten Beseitigungsanspruchs unmöglich.

Der zuerkannte Hauptantrag sei schon mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig. Zudem hätte das LG im Tenor zum Ausdruck bringen müssen, dass die Verpflichtung nur durch Einsatz finanzieller Mittel in zumutbarem Umfang zu erfüllen ist. Die Verurteilung sei weiter deswegen unzulässig, weil sie weder nach § 887 ZPO noch nach § 888 ZPO vollstreckbar sei. Auch § 283 BGB könne nicht herangezogen werden, die Vornahme der Handlung sei ihr unmöglich. Der Zeuge habe bekundet, dass die Eigentümer des Grundstücks 9007 in der Versammlung vom 23.10.2003 die Aufgabe des Rechts gegen eine Geldzahlung abgelehnt hätten. Bei dieser Sachlage müssten die Kläger beweisen, dass ihr die Erfüllung der begehrten Verpflichtung möglich sei. Insofern habe das LG die Beweislast verkannt. Im Übrigen bestehe der Beseitigungsanspruch nicht. Sie sei aufgrund von § 5 Ziff. 1 Abs. 3 der notariellen Kaufverträge berechtigt gewesen, die Grunddienstbarkeit eintragen zu lassen. Die Regelung sei allgemein gehalten, um ihr die Eintragung der nachbarrechtlich notwendigen Regelungen zu ermöglichen, die noch nicht alle absehbar gewesen seien. Das LG habe die Regelung nicht sachgerecht und dem Wortlaut zuwider ausgelegt. Die Klausel sei nicht überraschend i.S.v. § 3 AGBG, da die Bedeutung den Klägern bewusst gewesen sei und deshalb vom Notar habe nicht ausdrücklich erläutert werden müssen. Auf keinen Fall habe der Kläger Ziff. 1 einen Beseitigungsanspruch, weil zu der Zeit, als er sein Grundstück erworben habe, das streitgegenständliche Geh- und Fahrrecht bereits eingetragen gewesen sei. In der Plananlage zu seinem Kaufvertrag sei der Vermerk "gegenseitiges Gehrecht" eingetragen gewesen. Über den Umfang hätte sich der Kläger Ziff. 1 Klarheit verschaffen können. Das LG hätte den Streithelfer hierzu als Zeugen vernehmen müssen. Der wegen des Erfolges des Hauptantrags nicht behandelte Hilfsantrag sei abzuweisen, weil sie nach § 5 des Kaufvertrages berechtigt gewesen sei, das Geh- und Fahrrecht im Grundbuch eintragen zu lassen. Zur Überhöhung des Anspruchs sei bereits in erster Instanz vorgetragen worden.

Der Streithelfer trägt zur Begründung der Berufung vor, das LG habe § 5 Ziff. 1 der Kaufverträge zu Unrecht dahin aus...

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