Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung eines Verweisungsbeschlusses

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 22.06.2009; Aktenzeichen 12 O 219/09)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 22.6.2009 - 12 O 219/09 - aufgehoben.

Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist statthaft, zulässig und teilweise begründet. Sie führt zu Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

1. Allerdings ist nach § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO der Beschluss, durch den sich ein angegangenes Gericht für örtlich oder sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht verweist, unanfechtbar. Das gilt jedoch nicht bei offensichtlicher Willkür (vgl. BGHZ 71, 69, 73).

a) Das Bedürfnis für eine Anfechtbarkeit der an sich unanfechtbaren Entscheidung ist mit der Einführung des Abhilfeverfahrens nach § 321a ZPO jedenfalls dann nicht entfallen, wenn, wie hier, nicht - ausschließlich - geltend gemacht wird, der Beschluss beruhe auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (vgl. dazu OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2004, 510).

b) Der Beklagte ist durch den von ihm innerhalb der Notfrist der Bestimmung des § 569 ZPO angegriffenen Beschluss beschwert. Durch die Verweisung auf den "höchst hilfsweise" gestellten Verweisungsantrag des Klägervertreters vor einer mündlichen Verhandlung und trotz der Ankündigung des Beklagtenvertreters, die fehlende örtliche Zuständigkeit nicht rügen zu wollen, hat das LG dem Beklagten nach der Bestimmung des § 39 ZPO die Möglichkeit genommen, die Zuständigkeit des unzuständigen Gerichts durch rügeloses Einlassen zur Hauptsache zu begründen.

2. Die Verweisung ist objektiv willkürlich, weil sie jeder Rechtsgrundlage entbehrt.

a) Der Verweisungsantrag des Klägervertreters, der darüber hinaus lediglich hilfsweise gestellt wurde, vermag hieran nichts zu ändern (vgl. BGH, Beschl. v. 10.9.2002 - X ARZ 217/02 BGHR ZPO (1.1.2002) 281 Abs. 2 Satz 4).

b) Nach § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, sich auf Antrag des Klägers durch Beschluss für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen, wenn auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen ist. An Letzterem fehlt es im vorliegenden Fall. Ist das angegangene Gericht örtlich oder sachlich unzuständig und kann das zuständige Gericht nicht bestimmt werden oder ist kein Verweisungsantrag gestellt, ist die Klage als unzulässig abzuweisen. Die Abweisung einer Klage erfolgt durch Urteil. Ein Urteil kann nach § 128 ZPO entweder auf Grund mündlicher Verhandlung oder unter bestimmten weiteren Voraussetzungen im schriftlichen Verfahren ergehen. In beiden Fällen bleibt es dem Beklagten jedoch unbenommen, sich rügelos zur Sache einzulassen und damit, wenn wie hier den weiteren Anforderungen der Bestimmung des § 39 ZPO genügt ist, die Zuständigkeit des angegangenen Gerichts zu begründen. Dem entsprechen weder der angefochtene Beschluss noch das diesem zugrunde liegende Verfahren.

3. Dagegen war der weitergehende Antrag auf Feststellung der Zuständigkeit des LG Stuttgart zurückzuweisen, weil eine örtliche Zuständigkeit des angegangenen Gerichts - bisher - nicht begründet ist.

4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Fundstellen

NJW-RR 2010, 792

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