Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Testamentsvollstreckers: Schadensersatzpflicht bei unvollständiger Auskunft gegenüber dem Vermächtnisnehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aus der Auslegungsregel des § 2173 BGB folgt, dass das Vermächtnis einer bestimmten Forderung im Zweifel nicht allein einen Anspruch des Vermächtnisnehmers auf eben diesen Anspruch begründet, sondern auch auf dessen SurrogatWerden Erbvertrag und Verzicht auf das Pflichtteilsrecht zusammen beurkundet, sind die Gebühren so zu erheben, wie wenn getrennte Urkunden aufgenommen worden wären. Verfügt der Erblasser über eine vermachte Forderung dergestalt, dass er den Betrag auf seinen Namen bei einer (anderen) Bank einzahlt, gilt nunmehr dieses Bankguthaben als vermacht.

2. Wenn auch Vermächtnisnehmer gegen den Testamentsvollstrecker im Regelfall keinen Anspruch auf Auskunftserteilung haben, so gilt eine Ausnahme für Fälle, in denen ein Anspruch auf Auskunftserteilung als stillschweigend mitvermacht anzusehen ist. Dies ist anzunehmen, wenn nur durch eine solche zusätzliche Auskunft der Vermächtnisgegenstand oder der Umfang des Vermächtnisses bestimmt werden kann. Wenn der Testamentsvollstrecker keine bzw. nur eine unvollständige Auskunft erteilt, ist er den Vermächtnisnehmern gegenüber, wenn diesen hierdurch ein Schaden entsteht, zum Schadensersatz verpflichtet.

 

Normenkette

BGB §§ 2173, 2219

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Urteil vom 08.11.1999; Aktenzeichen 17 O 2375/99)

 

Tenor

Die Berufungen der Beklagten und der Kläger gegen das am 8. November 1999 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg werden zurückgewiesen.

Die erstinstanzlichen Gerichtskosten fallen den Klägern zu je 2/9 und im Übrigen der Beklagten zur Last. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1. bis 3. fallen der Beklagten zu 1/3 zur Last; von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten haben die Kläger zu 1. bis 3. jeder 2/9 zu tragen. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von den Gerichtskosten der Berufungsinstanz fallen jedem Kläger 2/9 zur Last. Im Übrigen hat sie die Beklagte zu tragen.

Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1. bis 3. fallen der Beklagten zu 1/3 zur Last; von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten haben die Kläger zu 1. bis 3. jeder 2/9 zu tragen. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung eines jeden Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 27.600 DM abwenden, sofern diese vor der Vollstreckung nicht jeweils Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.

Jeder der Kläger zu 1. bis 3. kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 6.300 DM abwenden, sofern die Beklagte vor der Vollstreckung eines jeden Klägers nicht Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 213.892,71 DM (= primäre, mit der Berufung der Kläger beanspruchte Gesamtklageforderung: 71.297,57 DM sowie der hilfsweise nachgeschobene Betrag von 71.297,57 DM sowie die Berufung der Beklagten: 71.297,57 DM).

Der Wert der Beschwer übersteigt 60.000 DM.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren von der Beklagten Schadensersatz.

Die Beklagte ist Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes, des Rechtsanwaltes und Notars a.D., W… K…. Dieser war Testamentsvollstrecker der am 29. Dezember 1995 vorverstorbenen Rentnerin E… Z…, deren testamentarische Erbin die Gemeinde J… geworden ist. In ihrer letztwilligen Verfügung vom 30. Juli 1982 hatte die Erblasserin zudem angeordnet:

„Von meinen Sparguthaben und Sparkassenbriefen bei der L…. kasse, Zweigstelle V…, von zur Zeit ca. 105.000 DM sollen zunächst die Beerdigungskosten und Grabpflegekosten für die Dauer von 25 Jahren bestritten werden. Was danach noch übrig bleibt, soll den nachfolgenden Institutionen zu gleichen Teilen als Vermächtnis zufallen:

  1. D… Gesellschaft …. ;
  2. B… e.V., … in … O… ;
  3. G…. e.V. … in … M…,…”

Im Zeitpunkt ihres Todes unterhielt die Erblasserin bei der L… kasse (nachfolgend auch: L…) keine Konten, Einlagen oder Wertpapierbestände mehr. Das Sparkonto war am 15. Dezember 1994 mit einem Guthaben von 63.443,45 DM von der R…bank J… eingezogen worden. Auf das bei der R…bank geführte laufende Konto Nr. … waren bereits im Februar und Juni 1992 die zur Auszahlung fällig gestellten Guthaben aus zwei Sparkassenbriefen überwiesen worden, die die Erblasserin bei der L…1986 in Höhe von 130.000 DM bzw. 20.000 DM für jeweils 6 Jahre angelegt hatte. Dies alles geht aus einem an den Ehemann der Beklagten gerichteten Schreiben der L… vom 13. September 1996 hervor, das dieser seinem an die Kläger gerichteten Schreiben vom 6. November 1996 beifügte. Im Schreiben vom 6. November 1996 teilte der Ehemann der Beklagten den Klägern u.a. mit:

„Nach dem Testament der Erblasserin vom 30.7.1982 sollen Sie vom Sparguthaben und Sparkassenbriefen bei der L…, Zwg. V… nach Abzug der angeführten Verbindlichkeiten das Restguthaben ante...

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