Entscheidungsstichwort (Thema)

Schenkung

 

Leitsatz (amtlich)

Keine (Teil-)Schenkung bei Grundstücksübertragung gegen Pflege zu Hause bis zum Tod.

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Falle einer Grundstücksübertragung gegen Pflege zu Hause bis in den Tod liegt keine Schenkung vor.

 

Normenkette

BGB § 516

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt im Wege der Stufenklage eine Ergänzung seines Pflichtteils.

Der Kläger und seine Schwester sind die Kinder und gesetzlichen Erben des am 2. Mai 1993 verstorbenen Erblassers G. Dieser hat durch Testament vom 03.01.1991 die Beklagte als alleinige Erbin eingesetzt. Die Beklagte hat die Erbschaft angenommen.

Der Erblasser hatte zuvor am 26. Oktober 1989 mit seiner langjährigen Haushälterin P. einen notariell beurkundeten Grundstücksübertragungsvertrag geschlossen, durch den er ihr mit Wirkung auf den Todesfall ein Hausgrundstück zu Alleineigentum übertrug. Nach Ziffer 2 des Vertrages sollte die Übertragung als Dank dafür erfolgen, daß Frau P. sich bereit erklärt habe, ihm seit März 1988 in ihrem Hause zu versorgen.

Der Kläger hat sich mit der Beklagten über den ihm zustehenden Pflichtteilsanspruch geeinigt. Er hat jedoch die Auffassung vertreten, das an Frau P. übertragene Grundstück sei ihr vom Erblasser geschenkt worden, so daß die Beklagte zu einer entsprechenden Ergänzung seines Pflichtteils verpflichtet sei. Den Wert dieses Grundstücks hat er auf mindestens 150.000,– DM beziffert.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Übertragung des Hausgrundstücks sei als Gegenleistung dafür erfolgt, daß Frau P den Erblasser in ihrem Haushalt aufgenommen habe, nachdem seine Kinder eine Pflege abgelehnt hätten. Daher liege eine Schenkung nicht vor.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe die Voraussetzungen für eine Pflichtteilsergänzung nach § 2325 BGB nicht dargetan. Der Vertrag vom 26. Oktober 1989 enthalte eine klare Entgeltvereinbarung, die auch nicht in einem Mißverhältnis zur Leistung des Erblassers stehe.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen der Begründung im einzelnen verwiesen wird, wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er behauptet, Frau P habe für die Pflege des Erblassers monatliche Zahlungen sowie einen Mietzinsnachlaß erhalten und sei dadurch hinreichend entlohnt worden. Die Grundstücksübertragung sei daher im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts als Schenkung anzusehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche zu Recht verneint.

Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet allerdings ein Wertermittlungsanspruch des Klägers gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht von vornherein aus. Ein solcher Anspruch ist neben dem Auskunftsanspruch gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben, wenn eine ergänzungspflichtige Schenkung vorliegt. Erst wenn dies feststeht, muß die Beklagte deren Wert ermitteln lassen (vgl. BGH NJW 1984, 487 f).

Im vorliegenden Fall kann jedoch nicht festgestellt werden, daß eine – auch nur teilweise – Schenkung des Erblassers vorliegt. Entscheidend ist insoweit nicht die Bezeichnung des Vertrages als „Grundstücksübertragungsvertrag (Schenkung auf den Todesfall)”, sondern sein Inhalt. Da § 2325 BGB eine Schenkung im Sinne von § 516 BGB voraussetzt, muß nicht nur eine Bereicherung des anderen Teils vorliegen, sondern auch eine Einigung der Vertragspartner über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung. Dabei können diese den Wert der auszutauschenden Leistungen im Rahmen der Vertragsfreiheit selbst bestimmen. Erst bei einem auffallend groben Mißverhältnis zwischen den wirklichen Werten von Leistung und Gegenleistung ist von einer – teilweisen – unentgeltlichen Zuwendung auszugehen (BGHZ 59, 132, 136; Senat NJW RR 1992, 778, 779).

Nach dem Vortrag des Klägers soll in dem notariellen Vertrag der Wert des übertragenen Grundbesitzes mit 80.000,– DM angegeben sein. Er selbst behauptet einen Verkehrswert von etwa 150.000,– DM. Dem steht gemäß Ziffer 2 des notariellen Vertrages als Gegenleistung gegenüber, daß sich die Vertragspartnerin Frau P. bereit erklärt hat, den Erblasser seit März 1988 in ihrem Haus zu versorgen. Dieser war seinerzeit 68 Jahre alt und hatte im Februar 1988 einen schweren Schlaganfall erlitten, der ihn pflegebedürftig gemacht hatte. Selbst wenn man den Wert der Pflegeleistungen nur mit 2.500,– DM monatlich veranschlagt, ist der Wert des Grundstücks nach fünf Jahren aufgezehrt.

Daß der Erblasser eine erkennbar geringere Lebenserwartung hatte, ist nicht ersichtlich. Tatsächlich hat die Pflege auch so lange gedauert. Danach kann schon nicht festgestellt werden, daß die Pflegeleistung unangemessen oder gar willkürlich festgesetzt worden ist. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, daß sich ein Erblasser die Sicherstellung seiner Versorgung in gewohnter Umgebung etwas kosten lassen darf, ohne sich zu schnell dem Vorwurf ausgesetzt zu sehen, er habe willkürlich dafür zu viel ausgegeben, also zum Nachteil des Pflichtteilsberechtigten etwas ve...

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