Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Unanwendbarkeit der BarwertVO wegen unangemessener Unterbewertung der Versorgungsanrechte. Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Teilanfechtung der Versorgungsausgleichsentscheidung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zum Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts im Falle einer Teilanfechtung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Falle einer Wechselwirkung zwischen dem Ausgleich nach § 1 Abs. 2 VAHRG und § 1 Abs. 3 VAHRG bei Anwendung der Quotierungsmethode.

2. Die Tabellen der BarwertVO i.d.F. vom 3.5.2006 sind unanwendbar, wenn im konkreten Fall die Umwertung in einem unangemessenen Verhältnis zu den Praktikabilitätszielen der BarwertVO steht (im Anschluss an BGH, FamRZ 2007, 23, 27).

 

Normenkette

BGB § 1587a III; BGB § 1587a IV; BarwertVO § 1; VAHRG § 1 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

AG Osnabrück (Urteil vom 09.03.2007; Aktenzeichen 72 F 176/05 S)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird das Urteil des AG - FamG - Osnabrück vom 9.3.2007 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich geändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

Zu Lasten der Versorgungsanrechte des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 2) (Verwaltungsnummer...) werden im Wege der Realteilung Versorgungsanrechte auf eine berufsständische Versorgung mit denselben vertragsrechtlichen Bedingungen i.H.v. monatlich 333,96 EUR, bezogen auf den 31.5.2005, auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 2) (Verwaltungsnummer...) begründet.

Auf dem Versicherungskonto Nr...der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 1) werden Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 110,99 EUR, bezogen auf den 31.5.2005 begründet, davon

  • i.H.v. monatlich 4,31 EUR zu Lasten der Versorgungsanrechte des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 3) (LZVA...) und
  • i.H.v. monatlich 106,68 EUR zu Lasten der Versorgungsanrechte des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 4) (Vers.-Nr. ...).

Der Monatsbetrag der zu begründenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die Parteien tragen ihre eigenen außergerichtlichen Kosten sowie je ½ der weiteren im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten nach einem Beschwerdewert von 2.000 EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.1. Nach den vom AG im Einzelnen unter Bezugnahme auf die Auskünfte der Versorgungsträger dargelegten, vom Senat überprüften und von den Verfahrensbeteiligten insoweit nicht angegriffenen Feststellungen haben die Parteien in der Ehezeit (1.8.1996 bis 31.5.2005; § 1587 Abs. 2 BGB) u.a. die nachstehend aufgeführten, in Monatsbeträgen angegebenen Versorgungsanrechte erworben, die jeweils eine Altersversorgung vorsehen und das Risiko der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit abdecken. Ein Versicherungsfall ist bisher nicht eingetreten:

Antragstellerin (Ehefrau; geb. 27.12.1961):

  • Rentenanwartschaften bei der Beteiligten zu 1) 11,52 EUR,
  • Ärzteversorgung bei der Beteiligten zu 2) 622,22 EUR,
  • Antragsgegner (Ehemann; geb. 31.5.1951)
  • Zusatzversorgung bei der Beteiligten zu 3) 16,24 EUR,
  • Zusatzversorgung bei der Beteiligten zu 4) 401,65 EUR.

Der Antragsgegner hat außerdem (ebenso wie die Antragstellerin) Versorgungsanrechte bei der Beteiligten zu 2) erworben. Ihre Höhe hat das AG mit 1.483,81 EUR angenommen. Die Satzung der Beteiligten zu 2) sieht in § 46 die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu Lasten der bei ihr begründeten Anrechte im Wege der Realteilung gem. § 1 Abs. 2 VAHRG vor.

2) Die Anrechte der Parteien bei den Beteiligten zu 1) und 2) hat das AG als volldynamisch behandelt. Die Anrechte des Antragsgegners bei den Beteiligten zu 3) und 4) i.H.v. insgesamt 417,89 EUR hat es als nur im Leistungsstadium dynamisch angesehen und nach Tabelle 1 der BarwertVO i.d.F. vom 3.5.2006 (im angefochtenen Urteil versehentlich mit Datum vom 7.4.2006 angegeben) i.V.m. Anm. 2 (Erhöhung der Werte um 50 %) umgerechnet in Rentenanrechte von insgesamt 242,03 EUR.

Auf der Grundlage der genannten Beträge hat das AG einen Ausgleichsbetrag von insgesamt 546,05 EUR errechnet. Hiervon hat es (mangels Möglichkeit eines Ausgleichs gem. § 1587b Abs. 1, 2 BGB) zunächst i.H.v. 425,04 EUR einen Ausgleich im Wege der Realteilung gem. § 1 Abs. 2 VAHRG vorgenommen unter Einbeziehung der beiderseitigen Anrechte auf Ärzteversorgung sowie der Rentenanrechte der Antragstellerin. Die danach verbleibenden Anrechte des Antragsgegners bei der Zusatzversorgung hat das AG gem. § 1 Abs. 3 VAHRG ausgeglichen durch Begründung von Rentenanrechten i.H.v. insgesamt 121,01 EUR (4,84 EUR zu Lasten der Anrechte bei der Beteiligten zu 3), 116,17 EUR zu Lasten der Anrechte bei der Beteiligten zu 4)).

3. Mit der zulässigen Beschwerde macht die Beteiligte zu 2) geltend, das bei ihr bestehende Anrecht des Antragsgegners sei - entsprechend ihrer vom AG missverstandenen Auskunft vom 9.1.2006 - mit einem (ehezeitlich erworbenen) Betrag von 1.143,57 (statt 1.483,57) EUR in die Ausgleichsbilanz einzustellen.

II.1. Das AG hat auf Grund eines offenkundig...

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