Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsversteigerung: Angabe der Nutzungsart eines Grundstücks in Terminsbestimmung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Zwangsversteigerung eines bebauten Grundstücks ist die konkrete Nutzungsart schlagwortartig in der Terminsbestimmung anzugeben, wenn die Nutzungsart baulich vorgegeben ist (hier: Hotelbetrieb).

2. Das Unterlassen eines Hinweises auf die Nutzungsart kann Amtshaftungsansprüche begründen, wenn der Zuschlagsbeschluss aus diesem Grunde aufgehoben wird.

 

Normenkette

BGB § 839; ZVG § 37 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Ansbach (Urteil vom 06.04.2005; Aktenzeichen 2 O 661/04)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des LG Ansbach vom 6.4.2005 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 200.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass der Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet ist, weil infolge einer vermeintlich fehlerhaften Terminsbestimmung ein Zuschlagsbeschluss im Zwangsversteigerungsverfahren aufgehoben wurde.

Die Klägerin betreibt die Zwangsvollstreckung gegen ihre Schuldnerin, Frau K., die Eigentümerin mehrerer Grundstücke in der Gemarkung P. ist. Dort hat sie u.a. den Hotel- und Gastronomiebetrieb "B." geführt. Der Grundbuchbeschrieb lautet: "Flurstück 1330, D., Hausnummer 1, Gebäude- und Freifläche, Waldfläche 6.942 qm". Das AG ordnete im Vollstreckungsverfahren (Az. 6 K 359/98) am 31.7.1998 die Zwangsversteigerung der Grundstücke an. Der Verkehrswert wurde auf 2.170.000 DM festgesetzt. An 2.2.2000 und 15.11.2000 fanden Versteigerungstermine statt, auf die kein Zuschlag erfolgte.

Am 8.5.2001 bestimmte das AG ... erneut Versteigerungstermin für den 11.10.2001. Wie bei den vorherigen Terminen enthielt die Terminsbekanntmachung die Beschreibung des Versteigerungsobjektes wie im Grundbuch vorgetragen. Ein Hinweis auf den Hotelbetrieb wurde nicht aufgenommen. Im dritten Versteigerungstermin gab ein Bieter, M.W., ein Meistgebot, von 1.350.000 DM ab. Am 18.12.2001 wurde diesem Gebot der Zuschlag erteilt.

Die Vollstreckungsschuldnerin legte gegen den Zuschlagsbeschluss sofortige Beschwerde ein, worauf ihn das LG ... am 18.2.2002 (Az. 11 T 11000/01) aufhob. Es stellte sich auf den Standpunkt, dass die Bekanntmachung des Versteigerungstermins nicht den Anforderungen des § 37 Nr. 1 ZVG entsprochen habe. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.

Am 30.12.2002 wurde das Zwangsversteigerungsverfahren fortgesetzt; eine Neubewertung des Versteigerungsobjektes mittels sachverständiger Begutachtung führte zu einem deutlich geringeren Grundstückswert von nur noch 807.000 EUR.

Nachdem außergerichtliche Vereinbarungen - auch zur Frage des Verzichts auf die Einrede der Verjährung - zwischen den Parteien nicht zustande kamen, erhob die Klägerin Klage zum LG A., um die grundsätzliche Schadensersatzpflicht des Beklagten feststellen zu lassen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:

Der Beklagte ist dem Grunde nach verpflichtet, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die fehlerhafte Bekanntmachung des Versteigerungstermins am 11.10.2001 im Zwangsversteigerungsverfahren K. (AG ... - 6 K 359/98) entstanden ist bzw. entstehen wird.

Das LG A. gab der Klage in vollem Umfang statt. Es bejahte das Feststellungsinteresse der Klägerin und kam zu dem Ergebnis, dass eine fahrlässige Amtspflichtverletzung des Rechtspflegers darin zu sehen sei, dass er die Grundstücksbeschreibung aus dem Grundbuch übernahm und die Terminsbekanntmachung somit keinen Hinweis auf die Nutzung des Grundstücks als Hotel enthielt. Ein Haftungsausschluss nach § 839 Abs. 3 BGB wurde ebenso wie ein Mitverschulden verneint, da die Klägerin auf die rechtlich korrekte Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens habe vertrauen dürfen.

Der Beklagte hält die Entscheidung für unrichtig und verfolgt mit der Berufung seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Er ist der Auffassung, dass der Grundstücksbeschrieb ausreichend gewesen sei und eine schuldhafte Amtspflichtverletzung des Rechtspflegers nicht vorliege. Der Inhalt der Terminsbestimmung entspreche der Praxis, wie sie beim AG ... bis zur völlig überraschenden Entscheidung des LG ... vom 18.2.2002 gehandhabt worden sei. Die Veröffentlichungen seien niemals beanstandet worden. Es könne keine Rede davon sein, dass es eine einheitliche eindeutige und h.M. in Rechtsprechung und Literatur gegeben habe, wonach die Angabe der Nutzungsbezeichnung geboten gewesen sei. Das konkrete Versteigerungsobjekt sei eindeutig zu identifizieren gewesen. Nachdem bereits zwei Versteigerungstermine stattgefunden hatten und in der ör...

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