Entscheidungsstichwort (Thema)

Werklohnforderung

 

Verfahrensgang

LG Weiden i.d.OPf. (Beschluss vom 04.03.1999; Aktenzeichen 1 O 601/97)

 

Tenor

Die Beschwerde der Streithelfer des Beklagten gegen den Streitwertbeschluß des Landgerichts Weiden vom 4. März 1999 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Das Landgericht hat bei der Streitwertbestimmung nicht allein den Klageanspruch in Höhe von 115.054,46 DM, sondern auch den Wert des vom Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenanspruchs in Höhe von 32.908,29 DM berücksichtigt. Dies ist nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden.

Nach § 19 Abs. 3 S. 1 GKG erhöht sich der Streitwert um den Wert einer hilfsweise aufgerechneten bestrittenen Gegenforderung, soweit eine rechtskraftfähige Entscheidung über sie ergeht. Die Voraussetzungen für eine Streitwerterhöhung nach dieser Vorschrift lagen im Streitfall auch vor.

1. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist die vom Beklagten vorsorglich geltend gemachte Aufrechnung auch rechtlich als solche zu bewerten. Zwar ist allgemein anerkannt, daß im Werkvertrags recht die auf gesetzliche Gewährleistungsregeln gestützte Rechtsverteidigung des Auftraggebers gegen die Vergütungsforderung des Auftragnehmers grundsätzlich nicht als Aufrechnung im Sinne des § 387 BGB qualifiziert werden kann, jedenfalls soweit es um die Geltendmachung von Ansprüchen auf Wandlung, Minderung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages (§§ 634, 635 BGB) geht (vgl. BGH NJW 1978, 814; Schneider, Streitwertkommentar, 9. Auflage, Stichwort „Aufrechnung”, Rdn 407 ff.; Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts in Zivilsachen, 9. Auflage, § 4 V Ziffer 16); greifen die geltend gemachten Einwendungen in derartigen Fällen durch, so soll der Vergütungsanspruch von vornherein nicht oder nur in geringerer Höhe entstanden sein bzw. das Schuldverhältnis mit der Folge auf Schadensersatzleistung konzentriert werden, daß die Ansprüche auf Leistung und Gegenleistung sowie auf Ersatz etwaiger Mangelschäden zu bloßen Rechnungsposten der Schadensfeststellung herabsinken (vgl. Palandt-Heinrichs/Sprau, BGB, 57. Auflage, Rdn 10 zu § 325, Rdn 5 zu § 635).

Von einem solchen eine Aufrechnung ausschließenden bloßen „Abrechnungsverhältnis” kann jedoch nach Auffassung des Senats nicht ausgegangen werden, soweit sich ein Auftraggeber hilfsweise mit einem Anspruch aus einer vereinbarten Vertragsstrafe verteidigt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich – wie im vorliegenden Fall – um ein Strafversprechen für die nicht gehörige Erfüllung der vom Auftragnehmer eingegangenen Verbindlichkeit handelt (§ 341 BGB). Soweit auch für derartige Fälle vertreten wird, daß der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers lediglich ein Faktor für die Berechnung der dem Besteller zustehenden Strafforderung sei und im Umfang der Verwirkung der Vertragsstrafe schon ohne Aufrechnungswirkung entfalle (vgl. OLG Düsseldorf, BauR 1975, 57, 59; Ingenstau-Korbion, VOB, 13. Auflage, B § 11, Rdn 58), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Schon der Ausgangspunkt der vorgenannten Auffassung, daß es sich bei dem Vertragsstrafenanspruch „in der Grundlage” um einen Schadensersatzanspruch handele, trifft jedenfalls in dieser allgemeinen Form nicht zu. Die Vertragsstrafe ist echte Strafe und dient in erster Linie dazu, den Schuldner zu einer (ordnungsgemäßen) Vertragserfüllung anzuhalten bzw. ihn von Vertragsverletzungen abzuschrecken. Sie ist weder Nebenforderung im Sinne des § 4 ZPO noch Schadensersatz, so daß auch der Nachweis des Schuldners, daß dem Gläubiger tatsächlich kein Schaden entstanden sei, völlig bedeutungslos ist (vgl. Staudinger-Kaduk, BGB, 12. Auflage, Rdn 5, 11, 16 Vorbem. zu § 339 ff.).

Der Hinweis auf die Differenztheorie, wonach der Gläubiger als Schadensersatz nur die Differenz zwischen seinem positiven Interesse und dem Wert der von ihm zu erbringenden Gegenleistung fordern kann und damit von seiner eigenen Leistungspflicht freigestellt wird, geht im vorliegenden Zusammenhang fehl. Denn anders als in den Fällen, in denen Schadensersatz wegen Nichterfüllung als gesetzliche Gewährleistungsfolge geltend gemacht wird (vgl. dazu etwa OLG Bamberg, JB 1987, 1383), ergibt sich die Rechtsfolge einer Befreiung von der Vergütungspflicht hier gerade nicht schon aus dem Inhalt des Vertragsstrafenversprechens selbst, sondern bedarf einer gesonderten Geltendmachung, beispielsweise im Wege der Aufrechnung. Daran ändert nichts, daß – falls der Auftraggeber Schadensersatz wegen nicht gehöriger Erfüllung, insbesondere wegen Verzuges fordern will – die Strafe als Mindestbetrag des Schadens gilt (§ 341 Abs. 2 i.V.m. § 340 Abs. 2 BGB). Denn damit wird lediglich die Konkurrenz des Anspruchs aus der vereinbarten Vertragsstrafe mit gewährleistungsrechtlich begründeten Schadensersatzansprüchen geregelt; erst wenn sich der Gläubiger entschließt, neben der vereinbarten Strafe Schadensersatz wegen Verzugs oder Nichterfüllung zu fordern, ist er entsprechend...

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