Leitsatz (amtlich)

1. Die Verweisung bei Unzuständigkeit nach § 281 ZPO ist ausgeschlossen, solange die Klage nicht allen Beklagten zugestellt wurde. Der dennoch ergangene Verweisungsbeschluss bindet das darin bezeichnete Gericht nicht.

2. Für Ansprüche aus einem Immobilienleasingvertrag ist selbst dann das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk sich die Räume befinden (§ 29a I ZPO), wenn der Vertrag Bestandteil eines der Finanzierung dienenden und mehrere wirtschaftlich und rechtlich zusammenhängende Verträge umfassenden Gesamtgeschäfts ist.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Aktenzeichen 3 O 356/13)

LG Leipzig (Aktenzeichen 3 O 1857/14)

 

Tenor

Örtlich zuständig ist das LG Halle.

 

Gründe

I. Die Klägerin schloss u.a. mit der Beklagten zu 1. mehrere, auf die Errichtung einer Hörfunkzentrale in H. gerichtete Verträge. Bestandteil dieser nach dem Parteiwillen wirtschaftlich und rechtlich im Zusammenhang stehenden Vereinbarungen war auch ein Immobilienleasingvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1.

Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 1. wegen einer zugesagten (Miet-) Subvention in Höhe von 8 Mio. DM (nebst Zinsen) in Anspruch. Unter Hinweis auf § 29a ZPO reichte die Klägerin ihre Klageschrift beim LG Halle ein und vertrat die Auffassung, eine mietvertragliche Forderung geltend zu machen. Dies treffe auch auf die als Gesellschafter der Beklagten zu 1. akzessorisch haftenden übrigen Beklagten zu.

Die Klage konnte zunächst den Beklagten zu 4a) und 4b) nicht zugestellt werden, was die Klägerin die öffentliche Zustellung beantragen ließ. Die übrigen Beklagten rügten die örtliche Unzuständigkeit des angegangenen Gerichts, weil es sich um ein Finanzierungsgeschäft gehandelt und man eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen habe.

Das LG Halle hat mit Beschluss vom 15.5.2014 darauf hingewiesen, dass es § 29a ZPO nicht für anwendbar halte. Das Leasingverhältnis werde nicht von mietvertraglichen, sondern von Finanzierungselementen geprägt. Daraus leite sich gerade auch der geltend gemachte Anspruch her, der auf das Erreichen des der Klägerin zugesagten Barwertvorteils gerichtet sei. Es gehe um die Frage, ob nach dem Gesamtkonzept des Vertragswerkes angesichts geänderter Umstände ein Anspruch auf den vollen Barwertvorteil und damit auf die Subvention bestehe. Vor diesem Hintergrund sei eine Zuständigkeit des LG Halle nicht zu erkennen, weshalb ein Antrag nach § 36 I Nr. 3 ZPO angeregt werde.

Dieser Anregung folgte die Klägerin nicht. Sie beantragte mit Blick auf die in der notariellen Urkunde vom 5.10.1995 (Anlage 1) unter Ziff. II Bst. F § 2 II getroffene Vereinbarung des Gerichtsstandes Leipzig hilfsweise die Verweisung an das dortige LG. Mit Beschluss vom 17.7.2014 hat sich das LG Halle für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige LG Leipzig verwiesen. Die Bewilligung der öffentlichen Zustellung an die Beklagten zu 4a) und b) wurde dem im Verweisungsbeschluss bezeichneten Gericht überlassen.

Das LG Leipzig veranlasste nach Bekanntwerden der ladungsfähigen Anschriften der Beklagten zu 4. die Klagezustellung. Nach Gewährung rechtlichen Gehörs hat es sodann mit Beschluss vom 2.10.2014 den Rechtsstreit an das LG Halle zurückgegeben. Der Verweisungsbeschluss binde nicht und die Gerichtsstandsvereinbarung sei angesichts der sich aus § 29a ZPO ergebenden ausschließlichen Zuständigkeit des LG Halle nicht zulässig.

Das LG Halle hält an seiner Auffassung fest und legt die Sache dem Senat zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vor.

II. Gemäß §§ 36 I Nr. 6, II; 37 I ZPO ist das LG Halle als das zuständige Gericht zu bestimmen.

1. Der Senat ist, nachdem die Klage nunmehr auch an die Beklagten zu 4. a) und b) zugestellt werden konnte, nicht an der gerichtlichen Bestimmung der Zuständigkeit gehindert. Die für rechtskräftige Unzuständigkeitserklärungen der am negativen Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte grundsätzlich erforderliche Rechtshängigkeit (vgl. BGH NJW 1980, 1281, 1282; NJW-RR 1996, 254) ist damit für alle Beklagten eingetreten (§§ 253 I; 261 I; 81; 171; 172 I ZPO), wenn auch erst nach dem Verweisungsversuch des LG Halle. Letzteres ist unschädlich. Nachfolgend haben sich beide LGe nochmals durch einer Verweisung gleichstehende Beschlüsse für unzuständig erklärt. Ausdrücklich musste das nicht geschehen; es genügt der unzweifelhaft zum Ausdruck gebrachte Wille (Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 36 Rdn. 24).

2. Daraus wird bereits deutlich, dass der Beschluss des LG Halle vom 17.7.2014 das LG Leipzig nicht nach § 281 II 4 ZPO binden konnte. Ohne vorausgegangene Zustellung der Klage an alle Beklagten war kein Raum für die Verweisung des gesamten Rechtsstreits. Die Verweisung nach § 281 ZPO setzt die Rechtshängigkeit voraus (BGH NJW-RR 1994, 1282). Eine Teilverweisung erfordert die vorherige Trennung nach § 145 I ZPO (Zöller/Greger, § 281 Rdn. 8), die dem Verweisungsbeschluss des LG Halle nicht zu entnehmen ist. Damit wurde auch nicht allen Beklagten das für die bindende Verweisung notwendige recht...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge