Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe sind Lebensversicherungen als einsetzbares Vermögen zu berücksichtigen, wenn deren Verwertung weder unwirtschaftlich wäre noch die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschweren würde. Dabei ist für die Frage der Unwirtschaftlichkeit nicht auf das Verhältnis von Rückkaufswert und eingezahlten Beiträgen abzustellen, sondern auf die Möglichkeit einer Beleihung durch ein sog. Policendarlehen, was in der Regel nicht unwirtschaftlich ist.

 

Verfahrensgang

AG Zeitz (Entscheidung vom 02.08.2011; Aktenzeichen 6 F 122/08)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 22.08.2011 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Zeitz vom 02.08.2011, Az. 6 F 122/08 PKH 1, wird zurückgewiesen.

Die Gebühr der Beschwerde trägt die Antragstellerin, Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Antragstellerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Sangerhausen vom 16.04.2008 für das Ehescheidungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt.

Mit Schreiben vom 16.12.2010 wurde sie aufgefordert, gemäß § 120 Abs. 4 ZPO mitzuteilen, ob eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist.

Die Antragstellerin übersandte nebst weiteren Unterlagen die jährlichen Vertragsauskünfte zu den Lebensversicherungen Nr. 9036 434-10 und 9036 434-12, jeweils bei der S. Versicherung.

Der Rückkaufswert der Versicherung Nr. 9036 434-10 betrug am 01.01.2011: 5.489,13 Euro, der Rückkaufswert der Versicherung Nr. 9036 434-12 betrug am 01.10.2010: 3.369,05 Euro.

Mit angefochtenem Beschluss vom 02.08.2011 änderte das Amtsgericht den prozesskostenhilfebewilligenden Beschluss dergestalt ab, dass die Antragstellerin aus ihrem Vermögen einen Betrag in Höhe von 1.415,50 Euro zu zahlen hat.

Zur Begründung hat sich das Amtsgericht auf die oben genannten Versicherungen berufen. Diese würden weder dem Schonvermögen unterliegen, noch seien sie für die Altersvorsorge zwingend erforderlich.

Zudem besitze die Antragstellerin einen "Riester"-Rentenversicherungsvertrag bei der M. Lebensversicherung .

Hiergegen wendet sich das Rechtsmittel vom 22.08.2011.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die beiden Lebensversicherungen würden ihrer Altersvorsorge dienen. Sie werde lediglich eine geringe Regelaltersrente bekommen.

Die Riester-Rente belaufe sich nur auf 18,49 Euro monatlich ab dem 01.01.2024.

Mit Beschluss vom 26.08.2011 half das Amtsgericht dem Rechtsmittel nicht ab und legt die Sache zur Entscheidung dem Senat vor.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, § 76 Abs. 2 FamFG, §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 572 Abs. 2 ZPO.

Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet.

Gemäß § 120 Abs. 1 ZPO kann das Gericht aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festsetzen.

Einzusetzen ist das Vermögen, soweit es verwertbar ist.

Soweit die Antragstellerin eine sog. Riester-Rente besitzt, ist diese nicht verwertbar.

Nicht verwertbar sind gemäß § 115 ZPO, § 90 Abs. 2 Nr. 1, 2 des Zwölften Sozialgesetzbuches (SGB XII) staatlich geförderte Altersversorgungen, namentlich Lebensversicherungen. Voraussetzung ist, dass diese zweckgebunden sind. Zweckgebunden sind Lebensversicherungen, die an die Stelle einer gesetzlichen Rentenversicherung treten, wie die sog. Riester-Rente.

Neben der Riester-Rente besitzt die Antragstellerin noch zwei weitere Lebensversicherungen, deren Rückkaufswerte jeweils oberhalb des Schonbetrages liegen. Der Einsatz einer Kapitallebensversicherung für die Prozesskosten ist anhand der gesetzlichen Kriterien nach §§ 115 Abs. 3 ZPO, 90 SGB XII zu beurteilen, die vom Grundsatz der Einsetzbarkeit des gesamten Vermögens ausgehen und den Schutz einzelner Vermögensbestandteile als Ausnahme besonders regeln. Wenn der einzelne Vermögensgegenstand nicht ausdrücklich vom Einsatz ausgenommen wird, kann sich eine Unverwertbarkeit ergeben, wenn die Verwertung eine Härte darstellen würde (§ 90 Abs. 3 SGB XII).

Ob der Einsatz des Vermögens für die Prozesskosten nach § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO zumutbar ist, ist gemäß § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO in entsprechender Anwendung von § 90 SGB XII zu beurteilen (so BGH, Beschluss vom 09.06.2010, XII ZB 55/08).

§ 90 Abs. 1 SGB XII geht von dem Grundsatz aus, dass das gesamte Vermögen einzusetzen ist. Da die Lebensversicherungen der Antragstellerin nicht zu den nach § 90 Abs. 2 SGB XII geschützten Vermögenswerten zählen, scheidet eine Verwertbarkeit nur aus, soweit der Vermögenseinsatz für den Antragsteller eine Härte bedeuten würde.

Die Verwertung der Lebensversicherungen kann eine Härte begründen, wenn diese unwirtschaftlich ist oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschweren würde. Die Verwertung der Lebensversicherung stellt aber nicht bereits deswegen eine Härte dar, weil sie unwirtschaftlich wäre. Auf die Frage des Verhältnisses von Rückkaufswert und eingezahlten Beiträgen kommt es vorliegend nicht an, weil auch die Möglichkeit einer Beleihung durch ein sog. Policendarlehen besteht.

Bei einer Beleihung der Versicherungspolice entstehen anders als b...

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