Leitsatz (amtlich)

1. Es ist nicht zulässig, ein Mitbenutzungsrecht nach §§ 321, 322 ZGB/DDR als "Grunddienstbarkeit (Überfahrtsrecht gemäß §§ 321, 322 ZGB/DDR)" in das Grundbuch einzutragen, soweit keine auf die Eintragung einer Grunddienstbarkeit gerichtete Bewilligung des Eigentümers des belasteten Grundstücks vorliegt.

2. Ein nicht eingetragenes Mitbenutzungsrecht gemäß §§ 321, 322 ZGB/DDR blieb über den 2. Oktober 1990 hinaus mit dem sich aus dem bisherigen Recht ergebenden Inhalt zunächst einmal bestehen.

3. Ein nicht eingetragenes Überfahrtrecht nach §§ 321, 322 ZGB/DDR ist nicht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GBBerG mit Ablauf des 31. Dezember 2000 erloschen, wenn eine vor dem 3. Oktober 1990 abgegebene und hierauf gerichtete Eintragungsbewilligung des Eigentümers des belasteten Grundstücks noch nicht "verbraucht" ist.

4. Eine Eintragungsbewilligung ist dann noch nicht verbraucht, wenn das Recht, auf das sie sich bezieht, gar nicht besteht, hier die irrtümliche Eintragung eines Mitbenutzungsrechts zulasten des falschen Grundstücks.

 

Tenor

Unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) wird das Grundbuchamt des Amtsgerichts Haldensleben angewiesen, zu deren Gunsten in das Grundbuch von Haldensleben Blatt ... 3 einen Amtswiderspruch gegen die Eintragung der Grunddienstbarkeit am 15. März 2019 unter lfd. Nr. 1 in Abteilung II einzutragen.

Von der Erhebung der Kosten des Beschwerdeverfahrens wird abgesehen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 5.000,00 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind in Ehegemeinschaft als Eigentümer des im Grundbuch von Haldensleben Blatt ... 3 eingetragenen Flurstück ... 2/540 der Flur ... der Gemarkung Haldensleben eingetragen. Die Beteiligte zu 3) ist als Eigentümerin des im Grundbuch von Haldensleben Blatt ... 4 eingetragenen Flurstück ... 68 (vormals ...3/540) der Flur ... der Gemarkung Haldensleben eingetragen. F. und P. A. sind in Ehegemeinschaft als Eigentümer des im Grundbuch von Haldensleben Blatt ... 1 (vormals ... 8) eingetragenen Flurstücks ... 69 (vormals ... 4/540) der Flur ... der Gemarkung Haldensleben eingetragen.

K. H. veräußerte mit vom Staatlichen Notariat Haldensleben beurkundetem Vertrag vom 1. März 1979 das Flurstück ...2/540 der Flur ... an die Beteiligten zu 1) und 2) und das Flurstück ... 3/540 der Flur ... an die Eheleute E. und K. K. . Die Vertragsbeteiligten beantragten zu jener Urkunde nicht nur Eigentumsänderung und Grundbuchberichtigung, sondern auch ein Überfahrtrecht über das Flurstück ...2/540 der Flur ... zugunsten des jeweiligen Eigentümers und Nutzers des Flurstücks ... 3/540 der Flur ... in das Grundbuch einzutragen. Tatsächlich wurde das Überfahrtrecht am 17. Mai 1979 fälschlich in das Grundbuch Blatt ... 1 zu Lasten des damaligen Flurstücks ... 4/540 eingetragen. K. H. veräußerte mit vom Staatlichen Notariat Haldensleben beurkundetem Vertrag vom 5. Mai 1988 auch das Flurstück ... 4/540 der Flur ... an F. und P. A. . Dabei regten diese Vertragsbeteiligten an, das in Abteilung II zu Lasten des veräußerten Flurstücks eingetragene und seit mehr als vier Jahren nicht mehr ausgeübte Überfahrtrecht zu löschen. Daraufhin wurde das Überfahrtrecht am 9. August 1988 im Grundbuch gelöscht.

Mit Schreiben vom 26. November 2018 hat die Beteiligte zu 3) beantragt, das Überfahrtrecht über das Flurstück ...2/540 der Flur ... in das Grundbuch Blatt ... 3 einzutragen. Nachdem das Grundbuchamt seine Absicht mitgeteilt hatte, dem Antrag zu entsprechen, sind die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schreiben vom 28. Februar 2019 dem mit der Begründung entgegengetreten, dass ein Anspruch verjährt sei. Die Beteiligte zu 3) habe auch ungehinderten Zugang zu ihrem Garten, solange sie den Garten selbst nutze. Mit der Beteiligten zu 3) sei auch bereits ein mündlicher Kaufvertrag geschlossen, der zu gegebener Zeit notariell beurkundet werde. Insofern habe sich die Eintragung erledigt. Das Grundbuchamt hat am 15. März 2019 unter lfd. Nr. 1 in Abteilung II des Grundbuchs von Haldensleben Blatt ... 3 eingetragen:

"Grunddienstbarkeit (Überfahrtsrecht gemäß §§ 321, 322 ZGB/DDR) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flur ... Flurstück ... 68, eingetragen im Grundbuch von Haldensleben Blatt ... 4 Gemäß Bewilligung vom 01.03.1979, URNr. ..., Staatliches Notariat Haldensleben hier vermerkt und eingetragen am 15.03.2019."

Gegenüber den Beteiligten zu 1) und 2) hat das Grundbuchamt dies mit Verfügung vom 15. März 2019 damit begründet, dass das Überfahrtrecht unter Bezugnahme der §§ 321, 322 ZGB/DDR mit Vertrag vom 1. März 1979 bereits entstanden sei, so dass der Anspruch auf Eintragung nicht der Verjährung unterliege.

Hiergegen haben sich die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schreiben vom 1. April 2019 mit der Begründung gewandt, dass die Begründung nicht nachvollziehbar sei, weil nun das Recht der Bundesrepublik Deutschland gelte. Danach erlösche der Anspruch auf Eintragung eines Rechts gemäß § 901 BGB gegenüber dem Eigentümer, wenn der Ans...

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