Entscheidungsstichwort (Thema)

Schmerzensgeld, Betriebsgefahr, Unfall, Arbeitgeber, Kollision, Mithaftung, Unfallzeitpunkt, Unfallgeschehen, Berufung, Fahrzeug, Geschwindigkeit, Haftung, Gutachten, PKW, Die Fortbildung des Rechts, amtliches Kennzeichen, Fortbildung des Rechts

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 29.09.2020; Aktenzeichen 17 O 21224/16)

 

Tenor

I. Die erweiternde Anschlussberufung des Klägers vom 10.03.2021 wird verworfen. Auf die Berufung der Beklagten vom 30.10.2020 und der Anschlussberufung des Klägers vom 01.02.2021 wird das Endurteil des LG München I vom 29.09.2020 (Az. 17 O 21224/16) in Nr. 1. bis 4. abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 20.856,69 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.06.2016 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren künftigen immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 26.11.2014 auf der P.straße in M. unter Berücksichtigung einer Mithaftung von 20% zu ersetzen, soweit der Anspruch nicht auf Sozialhilfeträger übergegangen ist oder noch übergehen wird.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 56% und die Beklagte 44% zu tragen.

Im Übrigen werden die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 67% und die Beklagte 33%.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf materiellen Schadensersatz, insbesondere Verdienstausfall, Schmerzensgeld sowie Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden aus einem Verkehrsunfall vom 28.11.2014 gegen 8:50 Uhr in M. an der Kreuzung P.straße/Z.straße geltend.

Zum Unfallzeitpunkt fuhr der Kläger mit dem Motorrad Kawasaki Ninja ZX - 6 R, amtliches Kennzeichen ..., auf der rechten von 2 Spuren der P.straße in südlicher Richtung. In Annäherung an die Kreuzung wechselte der Kläger wegen 2 auf der rechten Spur vorausfahrender rechts blinkender Fahrzeuge auf die linke Spur. Der bei der Beklagten haftpflichtversicherte, zum Unfallzeitpunkt von der Zeugin N. gesteuerte Pkw Renault, amtliches Kennzeichen ...50, befuhr die P.straße in nördlicher Richtung. Die Zeugin N. wendete auf Höhe der Einmündung zur Z.straße. Hierbei kam es zur Kollision zwischen den Fahrzeugen.

Der Kläger wurde bei dem Unfall schwer verletzt. Er erlitt insbesondere eine multiple Radiusfraktur links, einen Riss am hinteren Kreuzband, am vorderen Kreuzband und am bipolaren Seitenband sowie rechts eine Peronaeusparese. Er wurde stationär zunächst bis 08.12.2014 behandelt. Ende Juli 2015 erfolgte wegen der unfallbedingten Durchtrennung des Nervus peronaeus rechts eine Transplantation am rechten distalen Oberschenkel sowie eine Entnahme des Nervus suralis aus dem rechten Unterschenkel. Am 09.12.2014 erfolgte eine Metallentfernung aus dem linken Handgelenk. Der Kläger trägt eine Schiene, die ihm beim Auftreten der Ferse einen Stromstoß versetzt, damit der Fuß hebt und er gehen kann. Der Kläger ist dauerhaft auf die Benutzung der Schiene angewiesen. Mit der Schiene ist das Gangbild geringfügig beeinträchtigt. Ohne die Schiene ist der Kläger nicht fähig, den rechten Fuß oder die Zehen zu heben, woraus ein deutlicher Steppergang resultiert.

Die Beklagte wendet eine Mithaftung von 20% ein. Vorprozessual wurden auf das Schmerzensgeld 16.000 EUR bezahlt und auf den geltend gemachten Erwerbsschaden für die Zeit von Februar 2015 bis August 2015 zunächst 3.143,31 EUR. Streitig ist zwischen den Parteien im Wesentlichen die Frage der Mithaftung des Klägers und des Erwerbsschadens. Der Kläger behauptet, er hätte ab Januar 2015 eine neue Anstellung in Aussicht gehabt und der Arbeitgeber habe wegen des Unfalls von einer Beschäftigung Abstand genommen. Die Beklagte ist der Auffassung, die Möglichkeit einer Anstellung ab Januar 2015 sei nicht bewiesen, weshalb sie mit Schriftsatz vom 10.08.2020 hilfsweise die Aufrechnung mit den insoweit bezahlten 3.143,31 EUR erklärte. Mit Schreiben vom 08.06.2016 (Anlage B 14) gab die Beklagte u.a. folgende Erklärung ab: "Hinsichtlich materieller unfallbedingte Schäden erklären wir unsere Eintrittspflicht unter Berücksichtigung der entsprechenden Mithaftung des Herrn N. F. in Höhe von 20%".

Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil vom 29.09.2020 (Bl. 232/261 d.A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgeri...

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