Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbung, Mehrbedarf, Berufung, Kind, Verbraucher, Bundesamt, Anlage, Versorgung, Verpackung, Unterlassungsanspruch, Verkehrskreis, Marktteilnehmer, Berufungsverfahren, werben, gesundheitsbezogene Angaben

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 05.06.2020; Aktenzeichen 39 O 15946/19)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Landgerichts München I vom 05.06.2020, Az. 39 O 15946/19, aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung iHv 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit iHv 115% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 30.000,- festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger macht gegen die Beklagte lauterkeitsrechtliche Unterlassungs- und Kostenerstattungsansprüche wegen vermeintlicher irreführender Angaben in Bezug auf Kindermilchprodukte der Beklagten geltend.

Der Kläger ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen und weiterer verbraucherorientierter Organisationen in Deutschland. Er ist in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen.

Die Beklagte ist ein Lebensmittelunternehmen und vertreibt ua die hier streitgegenständlichen Produkte "H. Kindermilch COMBIOTIK ab 1+ Jahr" und "H. Kindermilch COMBIOTIK ab 2+ Jahr".

Diese Produkte bewarb die Beklagte zum einen auf ihrer unter www.h...de/milchnahrung abrufbaren Website mit einem TV-Spot, der als solcher nicht streitgegenständlich ist und zu dessen Inhalt auf den Klagevortrag (Bl. 5/6 d.A.) sowie auf die Klageerwiderung (Bl. 23/24 d.A) verwiesen wird, und zum andere mit folgenden, aus Anlage K1 ersichtlichen Aussagen:

((Abbildungen))

Beim Anklicken des dort jeweils blau hervorgehobenen Kästchens öffnete sich eine Seite, auf der sich ua die Erläuterung befand: "Kleinkinder benötigen bis zu 3x mehr Calcium und sogar 7x mehr Vitamin D als Erwachsene pro kg Körpergewicht."

Ebenfalls im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Produkten fanden sich auf der Webseite der Beklagten unter www.h...de/milchnahrung unter der Überschrift "Ernährung" die nachfolgend eingelichteten Angaben (Anlage K2):

((Abbildung))

Schließlich befanden sich auf den Verpackungen der streitbefangenen Produkte die nachfolgend eingelichteten Angaben (Anlage K3):

((Abbildung))

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte mit den vorstehenden Angaben den Eindruck erweckt habe, dass ein Kind in der Gesamtmenge 7x mehr Vitamin D als ein Erwachsener benötige, und mahnte daher die Beklagte mit Schreiben vom 03.06.2019 (Anlage K4) ab. Eine Unterlassungserklärung hat die Beklagte auch im Anschluss an den in Anlagen K5 mit K11 vorgelegten weiteren Schriftwechsel nicht abgegeben.

Der Kläger meint, ihm stehe jeweils ein Unterlassungsanspruch aus § 8 UWG sowie § 3 UKlaG zu, weil die beanstandete Werbung gegen Art. 7 Abs. 1 LMIV, Art. 3 Abs. 1 lit. a) und d) HCVO, § 3a UWG, § 2 UKlaG, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 5a UWG verstoße.

In Bezug auf Anlage K1 trägt der Kläger vor, die Beklagte bewerbe das Produkt mit der Aussage: "7x mehr brauchst Du als ich, wirst groß, gesund - ganz sicherlich" sowie "7x mehr Vitamin D, starke Knochen bis zum Zeh ...". Diese Angabe sei irreführend. Tatsächlich benötige ein Kind 7x mehr Vitamin D pro Kilogramm Körpergewicht und nicht 7x mehr Vitamin D bezogen auf die Gesamtmenge an Vitamin D als ein Erwachsener. Dies werde nicht deutlich (S. 9 der Klageschrift).

In Bezug auf Anlage K2 beanstandet der Kläger die Angabe: "Darum benötigt Ihr Kind 7x mehr Vitamin D als ein Erwachsener - Erfahren Sie mehr über Vitamin D und den Einfluss auf das Immunsystem und den Knochenaufbau." Diese Angabe sei gleichfalls irreführend. Auch hier werde der Eindruck erweckt, ein Kind benötige in der Gesamtmenge 7x mehr Vitamin D als ein Erwachsener. In diesem Text seien keine Einschränkungen oder Erläuterungen ersichtlich. Der Leser gehe davon aus, dass diese Aussage stimme, und müsse nicht damit rechnen, dass die weiteren Ausführungen, die unter der weiteren Verlinkung angezeigt werden könnten, diese Aussage einschränken oder inhaltlich verändern würden (S. 10 der Klageschrift).

Die Werbung auf der Verpackung (Anlage K3) mit der Aussage "In der Zusammensetzung von H. Kindermilch wird berücksichtigt, dass ein Kleinkind durchschnittlich 3x mehr Calcium1 und 7x mehr Vitamin D1 als ein Erwachsener benötigt" stelle auch eine Irreführung dar. Die 1 werde folgendermaßen aufgelöst: "Mehrbedarf an Nährstoffen Kleinkinder vs. Erwachsene pro kg KG (EFSA 2013, Männer 80 kg, Kleinkinder 12 kg)." Der Verbraucher erwarte, dass das Kind insgesamt 3x mehr Calcium und 7x mehr Vitamin D benötige als ein Erwachsener. Tatsächlich beziehe sich die Aussage nicht auf die Gesamtmenge Vitamin D, sondern auf die Menge pro Kilogramm Körpergewicht. Die Irreführung könne auch nicht durch...

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