Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 28.10.2004; Aktenzeichen 5 HKO 16393/04)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 04.06.2007; Aktenzeichen II ZR 173/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG München I vom 28.10.2004 aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.708,81 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit 28.6.2004 zu bezahlen Zug um Zug gegen Übertragung von 175 Stück Aktien der Co. ... AG.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Beklagte mit Ausnahme der Kosten, die durch Anrufung des LG Frankfurt/M. entstanden sind; diese trägt der Kläger.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der Beklagten über die Börse.

Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Un. Sie beschäftigt sich mit der Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Software und Hardwareprodukten für Telema-tik- und Telekommunikationsdienste sowie der Erbringung damit zusammenhängender Dienst- und Serviceleistungen. Ihre Aktien wurden nach Zulassung zum geregelten Markt erstmals am 26.11.1999 im Neuen Markt gehandelt. Ihr damaliger Vorstand und Mehrheitsaktionär, B. Schn., behauptete bereits zur Börseneinführung im Börsenprospekt, die Beklagte stehe in umfangreichen und lukrativen Geschäftsbeziehungen zu einem Unternehmen VT El. Ltd. Mit Sitz in Hong Kong. In den Jahren 2000 und 2001 teilte Schn. ständig steigende Umsätze der Beklagten mit diesem Unternehmen mit. Für das Geschäftsjahr 2000 gab die Beklagte einen Konzernumsatz von 85,80 Mio. DM und einen Jahresgewinn von 9,1 Mio. DM an. Für das dritte Quartal 2001 meldete die Beklagte eine Umsatzsteigerung auf 27,9 Mio. DM. Zudem verwies B. Schn.. hinsichtlich der von ihm dargestellten Umsätze und Erträge auf die von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KP. testierten Jahresabschlüsse. Nach deren Mandatsniederlegung am 20.2.2002 und einer anschließenden Sonderprüfung erwiesen sich all diese Angaben zur wirtschaftlichen Situation der Beklagten als falsch. Es stellte sich nach dieser Sonderprüfung heraus, dass die Firma VT El. Ltd. in Hong Kong nicht existierte, die Umsätze mit diesem Unternehmen fingiert waren und nur 1,4 % des für 2001 ausgewiesenen Umsatzes von 93,6 Mio. EUR nachgewiesen werden konnten. Die Eheleute Schn.. sind u.a. wegen Kursbetruges zwischenzeitlich vom LG München I in dem Verfahren 6 KLs 305 JS 34066/02 rechtskräftig verurteilt worden, B. Schn.. dabei zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren. Der Börsenkurs der Aktien der Beklagten ist seither völlig verfallen und bewegt sich deutlich unter 1 EUR.

Der Kläger hat Aktien der Beklagten über die Börse erworben, u.a. am 26.9.2000 125 Stück zu einem Preis einschließlich Maklercourtage und Provision von 7.707,55 EUR, am 29.9.2000 50 Stück zu einem Preis von insgesamt 3.037,42 EUR und am 17.5.2001 125 Stück zu einem Preis von insgesamt 1.926,84 EUR. 125 Stück dieser Aktien veräußerte der Kläger am 27.8.2001 für insgesamt 963 EUR.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe die vorgenannten Aktienkäufe getätigt aufgrund der falschen Angaben der Geschäftsleitung der Beklagten zur Geschäftsentwicklung. Er habe sich vor den Aktienkäufen über die wirtschaftliche Situation der Beklagten in den Zeitungen DIE WELT und Frankfurter Allgemeine Zeitung informiert, sowie fünf bis acht Internetadressen, darunter aktiencheck. de, handelsblatt. de, dgap. de häufig aufgerufen, auf denen Mitteilungen zur wirtschaftlichen Lage der Beklagten, darunter auch die Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten angegeben waren. Bei Kenntnis der tatsächlichen Wirtschaftslage der Beklagten und des Umstandes, dass die angegebenen Umsätze der Beklagten weitgehend erdichtet waren, hätte er keine Aktien der Beklagten erworben.

Der Kläger hat beantragt, Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 11.708,81 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz jährlich seit Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise Zug um Zug gegen Rückgabe von 175 Aktien der Firma Co. ...

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat ausgeführt, B. Schn.. habe weder vorsätzlich oder sittenwidrig gehandelt, noch seien dessen Erklärungen kausal für den streitgegenständlichen Aktienerwerb gewesen. Zudem müssten Ersatzansprüche des Klägers an dem Verbot der Einlagen-rückgewähr nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG scheitern.

Das LG München I hat die Klage am 28.10.2004 abgewiesen. Es hat wie schon vorher der 18. Senat dieses OLG in seinem Urteil vom 16.3.2004 (Az.: 18 U 3910/93) - die Revision hiergegen ist beim BGH unter dem Az.: II ZR 80/04 anhängig - Ersatzansprüche durch § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG für ausgeschlossen gehalten.

Mit seiner Berufung verfolgt de...

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