Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Schadensersatzanspruch in Dieselskandal

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 2, § 826; StPO § 263; WpHG § 15; ZPO § 540

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Urteil vom 21.08.2019; Aktenzeichen 63 O 2357/18)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 21.08.2019, Az. 63 O 2357/18, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ingolstadt ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche, die der Kläger gegen die Beklagte als Herstellerin eines Fahrzeugs geltend macht, in dessen Motor der Kennung EA 189 eine abgasbeeinflussende Software verbaut worden ist.

Der Kläger erwarb am 27.04.2016 von Privat einen gebrauchten PKW Audi A4 Avant mit einem Kilometerstand von 81.600 km zum Preis von 14.250,00 Euro, Anlage K 1.

In dem Fahrzeug war eine Motorgerätesoftware verbaut, durch welche die Stickoxydwerte (NOx) im Vergleich zwischen Prüfstandlauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert werden. Ein Software-Update wurde am 21.07.2017 aufgespielt Bereits im Herbst 2015 schaltete die Beklagte eine Internetwebseite, auf der sich Kunden mit Hilfe der Fahrzeug-Identifikationsnummer darüber informieren können, ob ihr Fahrzeug von der Manipulation betroffen ist. Dies wurde in den Medien auch bekannt gemacht.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, er habe bei Abschluss des Kaufvertrages trotz der öffentlichen Diskussion um den Abgasskandal nicht gewusst, dass konkret auch sein Fahrzeug betroffen ist. Kenntnis habe er erst mit dem Schreiben der Beklagten von Januar 2017 erlangt (Anlage K2). Bei Kenntnis von der Manipulation durch die Beklagte hätte der Kläger das Fahrzeug nicht erworben.

Die Beklagte habe den Kläger vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt, § 826 BGB, weil das Fahrzeug nicht den geltenden Vorschriften der EURO 5 Abgasnorm entspreche und weder zulassungsfähig gewesen sei noch über ein wirksame allgemeine Betriebserlaubnis verfüge. Die Beklagte sei an der Entwicklung des Motors EA189 beteiligt gewesen, es habe sich um eine Gemeinschaftsentwicklung gehandelt. Das Softwareupdate sei nicht geeignet, den Schaden zu beseitigen. Auch mit dem Update würden die Grenzwerte weiterhin nicht eingehalten. Zudem sei in dem Update ein Thermofenster programmiert, im Rahmen dessen die Abgasreinigung massiv heruntergefahren werde. Es bestehe auch ein Schadensersatzanspruch aus § 311 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 BGB sowie aus §§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 27 EG-FGV und §§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 StPO.

Die Beklagte hingegen bestreitet eine Schädigung des Klägers, weil das Fahrzeug, das jetzt über ein Software-Update verfügt, technisch sicher und in seiner Fahrbereitschaft nicht eingeschränkt sei. Das Update habe keine negativen Auswirkungen auf den Motor. Die Beklagte habe zudem den Motor nicht hergestellt.

Die in Frage stehende Software sei für den Erwerb des Fahrzeugs nicht kausal gewesen, weil der Kläger sich in Kenntnis der Verwendung einer solchen Software durch die Beklagte gleichwohl zum Erwerb des Fahrzeugs entschlossen habe. Er habe das Fahrzeug erst nach Bekanntwerden des Abgasskandals erworben. Das Software-Update sei bereits weit vor Klageerhebung durchgeführt worden. Die Programmierung eines sogenannten Thermofensters sei zulässig.

Wegen der festgestellten Tatsachen und weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verweisen, § 540 ZPO.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 21.08.2019 abgewiesen mit der Begründung, nach Anhörung des Klägers sei das Gericht nicht davon überzeugt, dass er den PKW ohne Kenntnis seiner möglichen Betroffenheit vom Dieselskandal erworben hat.

Dagegen richtet sich die vom Kläger eingelegte Berufung, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge vollumfänglich weiter verfolgt. Er rügt, das Landgericht habe den Kern seines Vortrags ausgeblendet. Insbesondere handle es sich bei den Modellen der Beklagten um Gemeinschaftsentwicklungen. Es sei auch unerheblich, dass der Kläger das Fahrzeug nach September 2015 erworben habe. Der Kläger habe bei Erwerb des Fahrzeugs keine Kenntnis von der implementierten Software gehabt. Die Adhoc Mitteilung der VW-AG stehe einem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Entscheidend sei zudem, dass der Kläger bei Erwerb keine Kenntnis von der drohenden Betriebsuntersagung hatte. Eine Nutzungsentschädigung sei nicht zu zahlen.

Der Kläger beantragt zuletzt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Ingolstadt, 63 O 2357/18, verkündet am 21.08.2019 und zugestellt am 27.08.2019:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei EUR 14.250,00 nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 28.04.2016 bis 14.12.2018 (gem. außergerichtlichem Schreiben) und seither 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz abzüglich einer im Termin zu beziffern...

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