Leitsatz (amtlich)

Ein Sanierungsplan, der bei der Prüfung des § 133 InsO zur Verneinung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des (späteren) Insolvenzschuldners und zur Verneinung der Kenntnis des Gläubigers von einem solchen Vorsatz des Schuldners führen kann, muss nicht den formalen Anforderungen nach IDW ES 6 entsprechen.

 

Normenkette

InsO § 133

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Urteil vom 28.02.2013; Aktenzeichen 21 O 2897/12)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 14.06.2018; Aktenzeichen IX ZR 22/15)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Landshut vom 28.2.2013 - 21 O 2897/12 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 363.889,76 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem nach Eigenantrag vom 21.3.2012 (Anlage K 2) am 1.4.2012 (Anlage K 1) eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der St. GmbH & Co. KG (im Folgenden kurz: Schuldnerin). Er begehrt vom Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung die Rückzahlung geleisteter Steuern.

Die nachmalige Insolvenzschuldnerin war ein Schreinereibetrieb, der ehemals hauptsächlich Fenster und Türen samt Rahmen fertigte. Sie hatte im Jahr 2008 einen Fehlbetrag von 414.989,97 EUR, im Jahr 2009 von 99.791,22 EUR und im Jahr 2010 von 439.094,28 EUR (Anlage B 12) zu verzeichnen. Beim Beklagten bestanden beträchtliche Steuerschulden, nämlich zum Stand 20.5.2010 i.H.v. 124.621,33 EUR (Anlage K 3). Bei einer Besprechung im Februar 2010 im Finanzamt E. wurde daher eine künftige Ratenzahlung verhandelt. Danach sollten ab Juli 2010 jährlich 50.000 EUR Schulden getilgt werden, nämlich in 10 monatlichen Raten (je ohne Dezember/Januar) zu je 5.000 EUR, ferner sollte eine Einmalzahlung von 30.000 EUR sofort erfolgen (vgl. Vollstreckungsaufschubsverfügung vom 20.5.2010, Anlage K 3). Die finanzielle Lage der nachmaligen Insolvenzschuldnerin war damals schlecht, die D. B. AG hatte am 6.4.2010 nach vergeblicher Bitte um Kontoausgleich die Konten gekündigt und machte 317.147,02 EUR aus einem gekündigten Darlehen geltend (Anlage K 4), sie hat letztlich 315.167,27 EUR zur Insolvenztabelle angemeldet (Anlage K 5). Die D. B. Bank AG war für dieses Darlehen durch eine Grundschuld auf dem Anwesen der damaligen beiden Kommanditisten A. S. und M. S., die beide je 50 % der Kommanditanteile von insgesamt 1 Mio. DM hielten, dinglich gesichert, das Grundstück war insoweit hinreichend werthaltig. In einem vor dem Senat geführten Parallelverfahren ist zwischen den dortigen Parteien allerdings streitig, ob die Sicherungsgeber zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags, der Bestellung dieser Sicherheit oder der Entgegennahme der Darlehensauszahlung noch geschäftsfähig waren.

Herr A. S. und Frau M. S. waren bis März 2011 Kommanditisten im genannten Umfang, ferner war A. S. bis März 2011 Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Schuldnerin.

Die mit dem Finanzamt verhandelte Ratenzahlung für den Vollstreckungsaufschub konnte durch die Schuldnerin nicht eingehalten werden. Stattdessen meldete sich mit Schreiben vom 21.12.2010 eine Kanzlei S. R. & L. (Anlage K 7) beim Finanzamt, teilte mit, dass keine hinreichende Zahlungsfähigkeit mehr bestehe und kündigte an, dass die nachmalige Insolvenzschuldnerin nun abgewickelt werden solle, auch weil für den "über 80-jährigen Inhaber" keine angemessene Nachfolgeregelung habe getroffen werden können. Für die Abwicklung wurde ein außergerichtliches Schuldenbereinigungs-verfahren angekündigt, in dessen Rahmen eine Insolvenz des Unternehmens vermieden werden solle, obwohl das vorhandene Vermögen nicht zur Begleichung aller Außenstände ausreichen werde. Es gebe zwei unterschiedliche Arten von Gläubigern, nämlich besicherte und nichtbesicherte. Die unbesicherten Gläubiger sollten vergleichsweise mit 27,85 % ihrer Forderung abgefunden werden, dies sei aus dem Veräußerungserlös des Anlagevermögens möglich, die Gläubigerin D. B. AG solle sich aus der dinglichen Sicherung befriedigen. Das Finanzamt als ungesicherter Gläubiger werde gebeten, sich auf einen entsprechenden Teilverzichtsvergleich einzulassen. Konkret wurde bei einem Erlass von 131.918,02 EUR eine Zahlung von 36.937,05 EUR angeboten. Im Falle einer Insolvenz werde, so wurde prognostiziert, das Finanzamt ausfallen. Eine Auskehrung wurde bis spätestens 31.1.2011 zugesagt. Das Finanzamt stimmte mit Schreiben vom 11.2.2011 (Anlage K 9) im Kern zu. Bei offenen Forderungen von 134.766,52 EUR seien insgesamt 31.335,37 EUR zu zahlen, 80.876,65 EUR würden erlassen werden, Säumniszuschläge würden teils gekürzt und teils erlassen werden. Alle laufenden steuerlichen Verpflichtu...

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