Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsunfähigkeitszusatzversicherung: Anforderungen an die Mitteilung des Versicherers über ein leistungsentziehendes oder -herabsetzendes Nachprüfungsergebnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Berufsunfähigkeitsversicherer seine Leistungspflicht gem. § 5 BB-BUZ anerkannt, kann er sich von diesem Anerkenntnis nur durch ein Vorgehen im Nachprüfungsverfahren gem. § 7 BB-BUZ wieder lösen (Rz. 20). Dazu bedarf es der in § 7 BB-BUZ vorgesehenen Mitteilung des Ergebnisses der Nachprüfung. Erst die zugegangene Mitteilung lässt nach einer Schutzfrist die Leistungspflicht wieder entfallen (Rz. 21).

2. In der Regel ist im Nachprüfungsverfahren der Vergleich des Gesundheitszustandes des Versicherten, wie ihm der Versicherer in seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, mit dem Gesundheitszustand des Versicherten zu einem späteren Zeitpunkt maßgebend. In diesen Fällen ist die Mitteilung des Versicherers nur nachvollziehbar, wenn er seine Vergleichsbetrachtung und die daraus gezogenen Folgerungen aufzeigt (Anschluss BGH, 17.2.1993 - IV ZR 264/91, NJW-RR 1993, 721). Der Berufsunfähigkeitsversicherer muss folglich in Mitteilung über die Einstellung oder Herabsetzung seiner Leistungen darlegen, von welchen Gesundheitsverhältnissen und welchen sich daraus ergebenden Folgen für die Berufsunfähigkeit er bei Abgabe seines Anerkenntnisses ausgegangen ist. Dabei ist darzulegen, auf welche in der Zwischenzeit aufgetretenen Verbesserungen der Gesundheitsverhältnisse sich der Versicherer berufen will, wobei die ärztlichen Gutachten, auf die der Versicherer sein Verlangen stützen will, dem Versicherungsnehmer vollumfänglich zugänglich zu machen sind. Nicht ausreichend ist die Mitteilung ärztlicher Diagnosen, wenn sich daraus nicht ergibt, welche Veränderungen des Gesundheitszustandes im Einzelnen beim Versicherungsnehmer eingetreten sind und zu einer bedingungsgemäß erheblichen Verbesserung geführt haben sollen. Auch genügt es nicht, wenn der Versicherer den von ihm im Zeitpunkt des Anerkenntnisses angenommenen Grad der Berufsunfähigkeit diejenige Gradzahl gegenüberstellt, die ein Gutachter zu einem späteren Zeitpunkt ermittelt hat. Ebenso wenig genügt es, nur den Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Nachprüfung mitzuteilen (Anschluss KG, 3.6.2005 - 6 U 224/04, RuS 2006, 515) (Rz. 21).

 

Normenkette

BUZBB §§ 5, 7

 

Verfahrensgang

LG Deggendorf (Urteil vom 22.07.2009; Aktenzeichen 2 O 565/07)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG Deggendorf vom 22.7.2009 abgeändert wie folgt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 55.195,92 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Teilbetrag von 2.122,92 EUR seit dem 1.11.2007, aus einem Teilbetrag von weiteren 2.122,92 EUR seit dem 1.12.2007 und aus einem Teilbetrag von weiteren 6.368,76 EUR jeweils seit dem 1.1.2008, seit dem 1.4.2008, seit dem 1.7.2008, seit dem 1.10.2008, seit dem 1.1.2009, seit dem 1.4.2009, seit dem 1.7.2009 und seit dem 1.10.2009 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab dem 1.1.2010 bis längstens 1.3.2022 eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. 1.783,58 jeweils monatlich im Voraus zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Beitragszahlungspflicht für die Lebensversicherung und für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Versicherungsnummer 7883790 ab dem 1.1.2010 bis längstens 1.3.2022 freizustellen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, weiterhin Leistungen aus der im Jahre 1993 zwischen den Parteien geschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zu erbringen, nachdem die Beklagte nach Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens mit Schreiben vom 9.8.2007 erklärt hat, dass sie ab 1.11.2007 keine Leistungen an den Kläger mehr erbringe und die Leistungen ab diesem Zeitpunkt auch eingestellt hat. Zuvor hatte die Beklagte auf den Leistungsantrag des Klägers vom 19.5.2004 mit Schreiben vom 19.1.2005 erklärt, dass sie nach den ihr vorliegenden Unterlagen vollständige Berufsunfähigkeit des Klägers bis auf weiteres anerkenne. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgenannten Schreiben (unnummeriert im Anlagenheft zur Klageschrift) Bezug genommen.

Die Beklagte hat ihre Einstellungsmitteilung auf das von ihr erholte fachorthopädische Gutachten des Dr. O. vom 6.8.2007 (Anlage B 1) gestützt und dieses Gutachten der Einstellungsmitteilung vom 9.8.2007 auch beigefügt. Der Sachverständige Dr. O. war in diesem Gutachten zu der Einschätzung gelangt, die gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers hätten sich ggü. dem Zustand zum 1.12.2004 deutlich gebessert....

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