Entscheidungsstichwort (Thema)

Meisterpräsenz

 

Leitsatz (amtlich)

Zur wettbewerbsrechtlichen Beurteilung der Frage der Meisterpräsenz im Ladengeschäft eines Hörgeräteakustikerbetriebs.

 

Normenkette

UWG § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 S. 1, § 5 S. 2 Nr. 1, §§ 8, 9 S. 1, § 11 Abs. 1-2, § 12 Abs. 1 S. 2; HwO §§ 1, 7

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Urteil vom 31.03.2011; Aktenzeichen 1 HK O 3514/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 17.07.2013; Aktenzeichen I ZR 222/11)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Augsburg vom 31.3.2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung gem. Ziff. I. des landgerichtlichen Urteils abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 300.000 EUR, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen können die Beklagten die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin und die Beklagte zu 1) sind im zulassungspflichtigen Hörgeräteakustikerhandwerk tätig. Die Klägerin betreibt in Süddeutschland ... Niederlassungen, darunter auch einen Hörgeräteakustikerbetrieb in G. Die Beklagte zu 1) betreibt einen Hörgeräteakustikerbetrieb in D. Sie gehört zum Konzern ..., zu dem wiederum zahlreiche Hörgeräteakustikerbetriebe ... im Bundesgebiet, u.a. auch ein Hörgeräteakustikerbetrieb in G., gehören. Der Beklagte zu 2) ist der Geschäftsführer der Beklagten zu 1).

Die Klägerin macht gegen die Beklagten wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche sowie einen Anspruch auf Erstattung von Abmahn- und Detekteikosten geltend.

Die Klägerin stellte im Jahr 2009 fest, dass der Hörgeräteakustikermeister ... sowohl für den Betrieb der Beklagten zu 1) in D. als auch für den ca. 26 km entfernten Betrieb der ... in G., einer Schwestergesellschaft der Beklagten zu 1), in der Handwerksrolle als Betriebsleiter eingetragen ist. Beide Betriebe haben Öffnungszeiten von jeweils 09.00-13.00 Uhr und 14.00-18.00 Uhr. Der Betriebsleiter ... war damals teils in G. und teils in D. tätig. Die Klägerin schickte, um dies festzustellen, "Testpatienten" zu dem Betrieb der Beklagten zu 1) in D. und zu dem Betrieb der ... in G.

Die Öffnungszeiten wurden im Internet ... wie folgt beworben (vgl. Anlage K 2): ...

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte zu 1) habe mit ihrer Praxis, sich den erforderlichen Handwerksmeister mit ihrer Schwestergesellschaft in G. zu "teilen", gegen die im Gesundheitshandwerk bestehende und streng zu beachtende Pflicht zur ständigen Meisterpräsenz verstoßen. Bei den Testbesuchen sei festgestellt worden, dass während der Abwesenheit eines Meisters eine im Geschäft der Beklagten zu 1) in D. anwesende Gesellin dem Meister vorbehaltene Tätigkeiten durchgeführt bzw. angeboten habe. Es liege wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit vor wegen Verstoßes gegen die Handwerksordnung und wegen Irreführung im Hinblick auf die beworbenen Öffnungszeiten bei nicht zeitgleich gewährleisteter Meisterpräsenz.

Mit Anwaltsschreiben vom 9.7.2009 (vgl. Anlage K 5) mahnte die Klägerin die Beklagten ab. Die Beklagten gaben die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht ab. Die von der Klägerin informierte Handwerkskammer ... lehnte ein Einschreiten ab. Inzwischen setzt die Beklagte zu 1) in ihrem Betrieb in D. einen eigenen Meister ein.

Die Beklagten tragen insbesondere vor, die Handwerkskammer ... habe nach Prüfung der Gesamtumstände die Beklagte zu 1), die ... und den Hörgeräteakustikermeister ... als Betriebsleiter für diese beiden Betriebe in die Handwerksrolle eingetragen, weshalb feststehe, dass ein Verstoß gegen die Handwerksordnung nicht vorliege. Eine Verpflichtung zur ständigen Meisterpräsenz bestehe ohnehin nicht. Die Ausfüllung der Betriebsleiterposition durch einen Meister in zwei Betrieben, die relativ nahe beieinander lägen, sei möglich. Außerdem seien in D. bei Abwesenheit des Meisters von der anwesenden Gesellin keine wesentlichen Tätigkeiten i.S.v. § 1 Abs. 2 HwO durchgeführt worden. Seinen Leitungs- und Kontrollpflichten sei der Betriebsleiter im Hinblick auf beide Betriebe nachgekommen.

Die Beklagten erheben außerdem die Einrede der Verjährung.

Mit Urteil vom 31.3.2011 hat das LG Augsburg entsprechend dem Antrag der Klägerin wie folgt erkannt:

I. Die Beklagten werden verurteilt, es ... [bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel] zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr

a) einen Hörgeräteakustikerbetrieb als stehendes Gewerbe zu betreiben, ohne einen in die Handwerksrolle eingetragenen Hörgeräteakustiker als Betriebsleiter zu beschäftigen, der jederzeit unmittelbar im Ladenlokal persönlich erreichbar ist, zumindest aber innerhalb von 10 Minuten, nachdem ein Kunde das Ladenlokal betreten hat,

und/oder

b) zeitlich ohne Einschränkung der Öffnungszeiten mit der Erbri...

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