Entscheidungsstichwort (Thema)

Projektsteuerungsvertrag: Anwendbarkeit von Dienst- oder Werkvertragsrecht?

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Projektsteuerungsvertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit entweder dienst- oder werkvertraglichem Schwerpunkt.

2. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen Dienst- oder Werkvertragsrecht ist die jeweilige vertragliche Vereinbarung. Überwiegt die Übertragung von erfolgsorientierten Aufgaben, ist Werkvertragsrecht anwendbar. Werden hingegen in erster Linie Unterstützungsleistungen, wie Beratungs-, Informations- und Koordinierungsleistungen, beauftragt, und verbleibt die Überwachungsverantwortung beim Bauherrn, so handelt es sich um einen Dienstvertrag.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 611 Abs. 1-2, § 631 Abs. 1, § 648a; HOAI § 34 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG München (Urteil vom 14.06.2016; Aktenzeichen 5 O 18289/15)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 14.06.2016, Az.: 5 O 18289/15, aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten eine Bauhandwerkersicherung gemäß § 648 a BGB für noch offenes Architektenhonorar. Die Klägerin ist ein Architektenbüro. Die Beklagte zu 1) ist eine Projektgesellschaft für die Revitalisierung des Bürogebäudes M. L.straße . in F., das nach Entkernung zu Studentenwohnungen neu ausgebaut werden sollte. Die Bauarbeiten sind nahezu fertiggestellt. Die Beklagte zu 2) ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 1) beauftragte mit Ingenieurvertrag vom 24.09.2013 die Klägerin mit Leistungen gem. der vertraglichen Bedingungen einschließlich eines Leistungsbildes zu Ziff. 2.1.1. Auf den Vertrag Anlage K1 und die Leistungsbeschreibung Anlage K2 wird Bezug genommen. Auszugsweise enthält der Vertrag folgenden Text:

Unter Vorbemerkung Ziffer 4 heißt es:

"Dies vorausgeschickt schließen die Parteien den folgenden Vertrag über Architektenplanungsleistungen".

Unter § 1 Ziffer 1. Gegenstand des Vertrages heißt es:

"Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer hiermit mit der in Anlage 2.1.1. zu diesem Vertrag beschriebenen Ingenieurleistungen für das Studentenwohnhaus "F. F." einschließlich der gewerblich zu vermietenden Fläche im Erdgeschoss sowie der Außenanlagen auf dem Grundstück."

Unter § 2 Grundlagen des Vertrages heißt es unter Ziffer 1.1.2.:

Leistungsbeginn ist zum 15.09.2013, Leistungsdauer ist in Summe 15 Monate.

Unter Ziffer 2. heißt es:

Zusätzlich zu diesen Vertragsgrundlagen gelten als Vertragsbestandteile in der nachstehenden Reihenfolge (...) und unter Punkt 2.3 heißt es: Die Regelungen zum Werkvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure HOAI in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung.

Unter Ziffer 3. weitere Rechte und Pflichten heißt es unter Ziffer 4.:

Der Auftragnehmer ist gegenüber dem Auftraggeber zu umfassender Unterrichtung und Beratung (auch über die etwaige Notwendigkeit des Einsatzes von Sonderfachleuten hinsichtlich aller Durchführung seiner Leistungen und des Bauvorhaben betreffenden Angelegenheiten verpflichtet. Er hat bei der Erfüllung seiner Leistungen die Interessen des Auftraggebers zu wahren.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf den Vertrag Anlage K1.

In dem Leistungsbild Anlage 2.1.1 zum Vertrag Anlage K1 heißt es:

Leistungsbild:

- Mitwirken an den Verhandlungen und an der Herbeiführung der Bauverträge

- Organisation/Teilnahme/Protokollierung der Baubesprechungen in der Regel alle zwei Wochen

- regelmäßige Begehung des Objektes zur Feststellung der Übereinstimmung der Ausführung mit der Baugenehmigung, der funktionalen Generalunternehmerleistungsbeschreibung, sowie mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik und den einschlägigen Vorschriften

- Aufbauen und Führen einer Mängelliste

- Erstellen eines Begehungsprotokolls und Übergabe an die Bauunternehmen, mit der Aufforderung, die festgestellten Mängel abzuarbeiten

- Mitwirkung bei der Beantwortung des vertragsrelevanten Schriftverkehrs, Bedenkenanzeigen Behinderungsanzeigen etc.

- Prüfen/Mitwirken bei der Abwehr von Nachtragsangeboten

- Prüfung der Rechnungen der Bauunternehmer mit Leistungsstandfeststellung

- Organisation und Vorbereitung der Abnahme der Leistung unter Mitwirkung des Generalunternehmers, Feststellen der Mängel, Abnahmeempfehlung für den Auftraggeber

- der Beseitigung der Mängel nach Abnahme; hier ist handschriftlich vor dem Wort Beseitigung eingefügt; Überwachen (in der klägerseits vorgelegten Anlage K2)

In dem Vertrag vom 24.9.2013 wurde ein Pauschalhonorar von 165.000,- Euro vereinbart.

Mit der 21. Abschlagsrechnung berechnete die Klägerin das Honorar nach ...

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