Entscheidungsstichwort (Thema)

Unrichtigkeitsnachweis bei Erbfolge

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Unrichtigkeitsnachweis bei Erbfolge und Zweifeln an der Personenidentität zwischen dem im Grundbuch eingetragenen Rechtsinhaber und dem im Erbschein ausgewiesenen Erblasser.

 

Normenkette

GBO § 22 Abs. 1 S. 1, § 35 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Rosenheim (Beschluss vom 21.03.2016)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 4 wird der Beschluss des AG Rosenheim - Grundbuchamt - vom 21.3.2016 aufgehoben.

II. Das AG Rosenheim - Grundbuchamt - wird angewiesen, im Grundbuch des AG Rosenheim von Steinkirchen Blatt 231 anstelle des in der ersten Abteilung unter der lfd. Nr. 3b eingetragenen H. H1 die Beteiligten zu 1 bis 4 in Erbengemeinschaft aufgrund des Gemeinschaftlichen Erbscheins des AG Kempen vom 12.8.2004 einzutragen.

 

Gründe

I. Im Grundbuch wurden am...1964 anstelle der am...1964 verstorbenen E. H. aufgrund des notariellen Testaments vom 29.3.1945 nebst Eröffnungsniederschrift vom 26.2.1964 und Erbscheins vom 6.4.1964 als Eigentümer in Erbengemeinschaft deren sechs Kinder unter den Namen E1. H. (Architekt), H1 H. (Architekt), R. H. (Kunstmaler und Graphiker), Re. L. (Hausfrau), G. K. (Hausfrau) und Fr. F. (Hausfrau) eingetragen.

Anstelle von E1. H. wurde am 19.7.1999 dessen Sohn I. H. aufgrund Erbanteilsübertragung vom 24.6.1999, anstelle von R. H. am 12.8.2002 dessen Witwe An. H. aufgrund Erbscheins vom 12.6.2002, anstelle von Re. L. am 13.10.1999 deren Sohn J. L. aufgrund Erbanteilsübertragung vom 1.10.1999 (Schreibweise in der Übertragungsurkunde: Rei. L.) und anstelle von Fr. F. am 24.2.2004 deren Sohn And. F. aufgrund Erbanteilsübertragung vom 15.1.2004 eingetragen; unverändert als Mitglieder der Erbengemeinschaft eingetragen sind daher noch H1 H. (lfd. Nr. 3b) und G. K. (lfd. Nr. 3e).

Am 17.3.2016 beantragten die Beteiligten zu 1 bis 4 über den Notar unter Vorlage eines gemeinschaftlichen Erbscheins vom 12.8.2004, der sie als Erben nach ihrem Vater Dr. E1. T. Hel. H. ausweist, das Grundbuch zu lfd. Nr. 3b gemäß dem Erbschein zu berichtigen. Den Antrag hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 21.3.2016 mit der Begründung zurückgewiesen, der im Erbschein genannte Erblasser sei nicht im Grundbuch eingetragen.

Hiergegen wendet sich der Notar namens der Beteiligten zu 1 bis 4 mit der Beschwerde. Er legt beglaubigte Ablichtungen des auf den Namen H1 H. ausgestellten Soldbuchs eines Panzergrenadier-Ausbildungs-Bataillons der Deutschen Wehrmacht, der nachlassgerichtlichen Niederschrift über die Testamentseröffnung nach E. H., des auf Dr. E1. Hellmut T. H. lautenden Reisepasses und die auf E1. T. Hel. H. bzw. Dr. E1. T. Hel. H. lautende Heirats- sowie Sterbeurkunde zum Nachweis dafür vor, dass trotz unterschiedlicher Schreibweisen des Rufnamens der im Grundbuch unter lfd. Nr. 3b Eingetragene (H1) der im Erbschein genannte Erblasser (Hel.) sei.

Den vom Grundbuchamt zusätzlich angeforderten Auszug aus dem Familienstammbuch der E. H., aus dem sich die Geburtsdaten ihrer sechs Kinder ergeben, haben die Antragsteller nicht eingereicht, wohl aber eine beglaubigte Abschrift aus dem Familienbuch des Erblassers, der dort unter der Rubrik Ehemann als E1. T. Hel. H. bezeichnet ist und aus dem dessen Geburtsdatum sowie die Namen seiner Eltern, insbesondere derjenige der Mutter als E. Paula H., hervorgehen.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. Es meint, bei dem Erblasser könne es sich auch um den vormals unter Buchst. a eingetragenen E1. H. handeln. Die behauptete Personenidentität sei mit den vorgelegten Urkunden nicht zweifelsfrei festzustellen.

An das Beschwerdegericht hat der Notar beglaubigte Auszüge aus dem standesamtlichen Geburtenbuch der (weiteren) fünf Kinder der E. H. (M.E. Fr., M.E. Rei., G. M. E., E1. Go. R. und E1. Got. O.) eingereicht.

II. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Berichtigungsantrags wegen nachträglicher Grundbuchunrichtigkeit (§ 22 GBO) ist statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) und auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO sowie § 15 Abs. 2 GBO). Sie ist in dem Sinne unbedingt erhoben, als das Grundbuchamt - wie geschehen - nicht im Weg der Abhilfe berichtigt hat. Jedenfalls unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren nachgereichten und gemäß § 74 GBO zu berücksichtigenden Dokumente erweist sie sich auch als begründet.

An den Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit, der die Grundlage für einen Berichtigungsantrag gemäß § 22 Abs. 1 GBO bildet, sind als Ausnahme vom Bewilligungsgrundsatz des § 19 GBO strenge Anforderungen zu stellen. Dabei obliegt es dem Antragsteller, den Nachweis zu führen. Er hat in der Form des § 29 GBO grundsätzlich lückenlos jede Möglichkeit auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten Eintragung entgegenstehen könnte. Ganz entfernt liegende, theoretische Möglichkeiten müssen allerdings nicht widerlegt werden (allg. M.; vgl. BayObLGZ 1995, 413/415 f.; BayObLG Rpfleger 1992, 19; Demharter GBO 30. Aufl. § 22 Rn. 37; Hügel/Holzer GBO 3. Aufl. § 22 Rn. 59 f.).

Den mangels notariellen T...

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