Entscheidungsstichwort (Thema)

Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs in gewillkürter Verfahrensstandschaft - Antragsberechtigung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Antragsberechtigung im Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs in gewillkürter Verfahrensstandschaft.

 

Tenor

1. Der Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 11. Januar 2017 wird aufgehoben.

2. Das Amtsgericht wird angewiesen, den Antrag der Beteiligten auf Kraftloserklärung des Grundschuldbriefes nicht aus den im aufgehobenen Beschluss vom 11. Januar 2017 angeführten Gründen zurückzuweisen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligte ist neben drei weiteren Personen Mitglied einer noch nicht vollständig auseinandergesetzten Erbengemeinschaft nach dem Erblasser S.M. Dieser war im Wohnungseigentumsgrundbuch als Eigentümer eines mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteils eingetragenen. In Abt. III des Grundbuchs (lfd. Nr. 1) ist zugunsten einer Bausparkasse, einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Deutschland (X. AG), eine Briefgrundschuld über 120.000,00 DM zzgl. 12% Zinsen eingetragen.

S. M. ist am 3.3.2010 verstorben. Als Wohnungseigentümer wurden am 19.3.2013 aufgrund des im Teilungsversteigerungsverfahren am 17.1.2013 ergangenen Zuschlagsbeschlusses die Ersteher je zu 1/2 eingetragen. Die Briefgrundschuld wurde von den Erstehern als bestehend bleibendes Recht übernommen. Die Bausparkasse hatte zwar mit Schreiben vom 3.1.2013 mitgeteilt, dass keine Darlehensforderung mehr bestehe und sie im Jahr 2000 eine Löschungsbewilligung sowie den Grundschuldbrief dem damaligen Eigentümer S.M. übersandt habe. Ihren Antrag, von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Versteigerungsbedingungen zuzulassen und so das Erlöschen der Grundschuld herbeizuführen, hatte sie aber wegen fehlender Zustimmung einer Miterbin zurückgenommen.

Am 24.9.2015 erteilte die Bausparkasse eine zweite Löschungsbewilligung.

Mit Anwaltsschreiben vom 16.9.2015 erklärten die Ersteher gegenüber der Beteiligten als Mitglied der Erbengemeinschaft, Zahlung in Höhe des stehen gebliebenen Grundschuldbetrags nur bei "Vorlage des (Grundschuld) Briefes" zu leisten.

Die Beteiligte und die übrigen Miterben versicherten mit schriftlichen Erklärungen vom 5.5., 6.5. und 8.6.2015 an Eides statt, dass sie keine Kenntnis von einer Abtretung der Grundschuld außerhalb des Grundbuchs hätten und keine Kenntnis vom Verbleib des Grundschuldbriefes.

Mit Antrag vom 21.11.2016, eingegangen am 23.11.2016,

beantragte die Beteiligte das Aufgebotsverfahren für den Grundschuldbrief der im Grundbuch ... in Abt. III - lfd. Nr. 1 eingetragenen Grundschuld in Höhe von 120.000,00 DM zugunsten der X. AG, Bewilligung vom 13.12.1984, eingetragen am 19.12.1984, einzuleiten und der Antragstellerin für den für die vorgenannte Grundschuld erteilten Grundschuldbrief Ausschließungsbeschluss über die Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs zu erteilen.

Hilfsweise an die Mitglieder der Erbengemeinschaft

- gemeinsam - zu erteilen.

Der Grundschuldbrief sei verloren gegangen.

Das Grundbuchamt hat den Antrag mit Beschluss vom 11.1.2017, zugestellt am 13.1.2017, als unzulässig zurückgewiesen. Der Antrag auf Erlass eines Aufgebots zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs könne grundsätzlich von dem eingetragenen Gläubiger bzw. dem zum Zeitpunkt der Antragstellung eingetragenen Eigentümer gestellt werden. Die Beteiligte, die zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr eingetragene Eigentümerin gewesen sei, sei daher nicht antragsberechtigt. Auch eine gewillkürte Verfahrensstandschaft liege nicht vor. Weder sei die Antragstellerin von der eingetragenen Gläubigerin zur Antragstellung "bevollmächtigt" noch habe sie sich als vormalige "Miteigentümerin" vertraglich gegenüber den gegenwärtigen Eigentümern zur Lastenfreistellung verpflichtet. Außerdem sei im Versteigerungsverfahren festgestellt worden, dass für die Grundbuchlöschung ein Aufgebotsverfahren durch den Ersteher zu erfolgen habe.

Hiergegen richtet sich die am 10.2.2017 eingegangene Beschwerde der anwaltlich vertretenen Beteiligten, mit der geltend gemacht wird, die Beteiligte habe ein Rechtsschutzbedürfnis an der Antragstellung zur Durchführung des Verfahrens und sei als Mitglied der Gesamthandsgemeinschaft zur Verfahrensführung in gewillkürter Verfahrensstandschaft befugt. Im Nachgang zur Beschwerde legte sie mit Anwaltsschriftsatz vom 10.2.2017 ein Schreiben der Bausparkasse vom 9.2.2017 vor, in dem diese erklärt, "im Verfahren Amtsgericht L. ... (Antrag vom 21.11.2016 wegen Aufgebot zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs) und in einem sich an den Beschluss vom 11.1.2017 anschließendem Beschwerdeverfahren" der Beteiligten einzeln oder gemeinsam mit den übrigen Miterben das Recht zur Verfahrensführung in gewillkürter Verfahrensstandschaft zu erteilen. Vorsorglich genehmigte sie die bisherigen Verfahrenshandlungen der Antragstellerin. Das Schreiben endet mit der Bemerkung, das Einverständnis erstrecke sich "nur auf das durchzuführende Beschwerdeverfahren und nicht auf ein Klageverfahre...

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